Was für ein Handball-Krimi auf der Lauterer Höhe: Am Samstagabend siegte der HSC 2000 Coburg in einem hochklassigen Zweitligaspiel gegen den HBW Balingen-Weilstetten mit 35:34 (16:15) und revanchierte sich für das bittere Pokal-Aus im Dezember.

2. Bundesliga HSC 2000 Coburg – HBW Balingen-Weilstetten 35:34 (16:15)

Merlin Fuß blieb kurzzeitig die Stimme weg. Als der Kapitän des HSC Coburg vor das Dyn-Mikrofon trat, musste sich Fuß erst einmal räuspern. „Es war“, sagte Fuß lachend, „etwas laut heute. Die Stimmung war überragend.“ Vor allem nach der letzten Aktion des Abends explodierte die HUK-COBURG arena förmlich.

Nachdem Pavels Valkovskis elf Sekunden vor dem Spielende ungestüm Elias Huber attackierte und eine Zeitstrafe kassierte, schien Balingens Weg zum Unentschieden geebnet. In Überzahl räumte der HBW auf Elias Fügel ab – doch der Rechtsaußen scheiterte an Petros Boukovinas. Entsprechend stürmisch wurde Boukovinas von seinen Mannschaftskollegen gefeiert.

„Wir hatten eine Rechnung offen und wollten uns nicht dreimal in einer Saison gegen Balingen geschlagen geben“, erklärte Fuß, der in der kommenden Spielzeit für die „Gallier von der Alb“ auflaufen wird. Mit sieben Treffern aus sieben Versuchen war Coburgs Kapitän der beste HSC-Torschütze des Abends. Fast schien es, als würde Fuß seinem künftigen Arbeitgeber zeigen wollen, welch Qualität er sich ins Boot geholt hat. Der 25-Jährige erzielte drei der ersten vier Coburger Treffer und war ein Garant für die starke Anfangsphase der Hausherren (7:3, 10.).

Aufmerksam in der Defensive, zielstrebig in der Offensive: So präsentierten sich die Hausherren in den ersten Minuten gegen den Aufstiegskandidaten aus Baden-Württemberg. Der Wille, sich für die bittere Niederlage im Viertelfinale des DHB-Pokals zu revanchieren, war spürbar. Balingen schien nervös, produzierte viele technische Fehler. Aber: Der Gast ließ sich davon nicht beeindrucken und legte einen 4:0-Lauf auf die Platte. Nach einem verwandelten Siebenmeter von Sascha Pfattheicher, dem besten Torschützen der Liga, führten die Gäste mit 9:8 (17.).

Coburgs Trainer Anel Mahmutefendic reagierte prompt mit einer Auszeit und griff korrigierend ein. „Jungs, die sind müde. Wir müssen im Angriff Vollgas geben“, forderte der Niederländer und spielte auf Balingens Englische Woche mit der knappen Niederlage beim Bergischen HSC, der am Samstag mit einem 32:27-Sieg über die Eulen Ludwigshafen den Aufstieg perfekt machte, an. Seine Mannschaft sollte sich daranhalten, denn nach einem Doppelschlag – darunter ein Vollgas-Gegenstoß von Florian Billek – war die Führung wieder hergestellt (10:9, 18.).

Das Spiel entwickelte sich nun zunehmend zu einem offenen Schlagabtausch, in dem vor allem Wert auf die Angriffsreihen gelegt wurde. Passend dazu spielten die beiden Torhüter im ersten Durchgang nicht die ganz große Rolle. Coburgs Petros Boukovinas kam auf vier, Balingens Benedek Nagy auf fünf Paraden in den ersten 30 Minuten. Dass Coburg mit einer 16:15-Führung in die Halbzeitpause ging, lag – na, klar – an Fuß. Dessen Versuch aus dem Rückraum kurz vor Ende des ersten Spielabschnitts rutschte Nagy durch die Füße.

Während Nagy zur zweiten Halbzeit durch Mateusz Kornecky ersetzt wurde, blieb Boukovinas im Coburger Kasten. Kostproben ihres Könnens boten die Schlussmänner in Minute 39: Erst entschärfte Kornetzky einen Konter – nach sehenswerter Rettungsaktion samt Zuspiel von Billek – von Jesper Schmidt, dann blieb Boukovinas im Gegenzug Sieger nach einem Pfattheicher-Kempa.

Eine Viertelstunde vor dem Spielende führten die Coburger nach Treffern von Billek und Schmidt mit 25:23, doch die Partie war nach wie vor völlig offen. Ein ähnlicher Krimi wie im Pokalspiel im Dezember kündigte sich an. In die Crunchtime ging der HSC aber mit einer scheinbaren Schwächung. Denn: Kreisläufer Nils Röller ging mit einer Fingerverletzung vom Feld, dafür musste der mit zwei Zeitstrafen vorbelastete Bartlomiej Bis wieder im Abwehrzentrum ran. Der polnische Nationalspieler sollte aber noch entscheidende Aktien am Heimsieg haben.

Zunächst wurde aber auch Balingen geschwächt, denn Csaba Leimeter kassierte die Rote Karte. Er griff Billek bei einem – letztlich erfolgreichen – Gegenstoß in den Wurfarm und musste verdientermaßen die Schlussphase von außen zuschauen (28.26, 49.). Nur drei Minuten später kam erneut Farbe ins Spiel, denn Coburgs Marin Lisac fuhr Balingens Rechtsaußen Flügel in die Parade und sah ebenfalls Rot (52.). „Keiner lässt hier nach, wir kämpfen acht Minuten“, schwor HSC-Trainer Mahmutefendic seine Mannschaft auf die Schlussphase ein, als kurz zuvor Tobias Heinzelmann das 30:30 (53.) erzielt hatte.

In den letzten Spielminuten holte Bis zweimal einen Siebenmeter für den HSC heraus. Billek traf erst zum 33:32 (57.), dann zum 35:34 (60.). Anschließend gipfelte der Handball-Krimi in einer irrwitzigen Schlusssequenz mit dem besseren Ende für den HSC, während beim HBW die Köpfe nach unten gingen.

Und die Coburger? Die haben ihr März-Tief eindrucksvoll hinter sich gelassen, blieben im April ungeschlagen und feierten den dritten Sieg in Serie – und die Revanche für das Pokal-Aus. 

Die Statistik zum Spiel

HSC 2000 Coburg: Boukovinas (9 Paraden), Apfel (0 Paraden) – Menges, Dettenthaler, Bis (1), Fuß (7), Ossowski (2), Billek (6/3), Lisac (2), Krone, Helmersson (5), Knauer, P. Valkovskis (4), Röller (1), Schäffer (1), Schmidt (6/3)

HBW Balingen-Weilstetten: Kornetzky (7 Paraden), Nagy (5 Paraden); Ruggiero-Matthes (2), Leimeter (3), Huber (4), Ingason, Strobel, Santos (3), Grüner, Timmermeister (2), Müller (8), Dyatlov, Fügel (2), Schüler (3), Heinzelmann (7), Pfattheicher

Schiedsrichter: Hellbusch / Jansen (Trebur)

Zuschauer: 1976

Zeitstrafen: 4 – 3 (2x Bis, 2x Valkovskis – 2x Santos, Leimeter)

Rote Karten: Leimeter (Balingen, 49., Foulspiel), Lisac (Coburg, 52., Foulspiel)

Siebenmeter: 6/9 (Schmidt verwirft zweimal, Billek einmal) – 4/4 (Pfattheicher trifft alle Versuche)

Spielfilm: 1:1 (2.), 3:1 (6.), 7:3 (10.), 8:7 (13.), 8:9 (17.), 10:9 (18.), 12:11 (22.), 13:13 (27.), 16:15 (30.), 19:17 (34.), 22:21 (41.), 25:23 (45.), 26:26 (48.), 30:28 (52.), 31:31 (54.), 33:32 (57.), 34:34 (59.), 35:34 (60.)

Beste Spieler: Fuß, Billek – Müller, Huber

Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.

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Bericht vom Coburger Tageblatt

Bild von Svenja Sommer