HSC sehnt das Ende der „Seuche“ herbei

Bei vier der sechs Coburger Langzeitverletzten besteht die Chance, dass sie in diesem Jahr noch einmal in der 2. Liga auflaufen. Zu allemÜberfluss verletzt sich nun auch noch Youngster Jakob Knauer.

Der Weihnachtswunsch von Jan Gorr im sportlichen Bereich liegt auf der Hand: „Wir haben noch einenganz heißen Dezember vor uns, mit unglaublich anspruchsvollen Aufgaben. Und dann ist das Jahr 2017 irgendwann rum.Es hat viel an Erlebnissenund Erfahrungen zu bieten gehabt, aber auch eine extrem schwere Gesamtsituation gebracht. Ich hoffe, dass wir einen Strich ziehen und im neuen Jahr unter besseren Vorzeichen arbeiten können.“ Bis dahin muss der Cheftrainer des Bundesliga-Absteigers HSC 2000Coburg, der nach dem knappen 24:22-Heimsieg vom Samstag mit 19:11 Punkten Platz 7 in der zweiten Liga belegt, noch mit dezimiertem Personal auskommen.

Für die Begegnungen am kommenden Samstag in Rimpar, am9. Dezember gegen Nordhorn-Lingen, am 17. Dezember in Emsdetten, am 22. Dezember gegen den Bergischen HC und das erste Rückrunden-Match am 26. Dezember gegen Lübeck-Schwartau stehen ihm mit den Rückraum-Spielern Girts Lilienfelds und Tom Wetzel zwei wichtige Stützen der Mannschaft definitiv nicht mehr zur Verfügung. Deren ebenfalls aktuell pausierende Kollegen Torwart Jan Kulhánek, Philipp Barsties, Petr Linhart, und Marko Neloski hofft er hingegen noch im Dezember wieder einsetzen zu können.Angesichts der personellen Nöte ist der Chef-Anweiser der Gelb-Schwarzen froh, dass seiner Mannschaft drei hart umkämpfte Siege aus den vergangenen vier Begegnungengelungen sind und der Abstand zum VfL Lübeck-Schwartau (2./22:8 Punkte) auf dem zweiten Aufstiegsrang nur drei Zähler beträgt.

Trotz der anhaltenden „Seuche“ sieht der 39-jährige Übungsleiter keinen Anlass, die ausgegebenen Ziele zu korrigieren, die da lauten: heuer mindestens Platz 4 zubelegen und im Folgejahr den Wiederaufstieg anzupeilen. Im Optimalfall – abhängig vom Verlauf des Wiedereinstiegs der Rekonvaleszentenins Handballspezifische Training – glaubt der HSC Coach zur Rückrundenfortsetzung am 9. Februar in Bietigheim dann wieder alle Mann an Bord zu haben. Allerdings seien besagte Teilnahme am regulären Mannschaftstraining und der anschließende „Return to Competition“,also der Schritt zurück in denWettkampf, trotzdem nocheinmal „zwei Paar Schuhe“, schränkt Gorr ein.

Barsties, Kulhánek, Linhart und Neloski absolvieren derzeit täglich ein fünfstündiges Reha-Training in der Kur-Klinik in Schwabthal, sollen in den nächsten zwei Wochen ersten vorsichtigen Belastungstests im Rahmen des regulären Trainings unterzogen werden. Doch kaum verbreitet diese Entwicklung Hoffnung auf eine baldige Besserung der Situation, folgt –für den HSC in diesem Jahr irgendwie fast schon symptomatisch – bereits die nächste Hiobsbotschaft. Bei seinem Einsatz für die 2.Mannschaft in der 3.Liga am Sonntag beim HSV Bad Blankenburg hat sichm it Jakob Knauer der nächste Rückraumspieler verletzt. Wie schwer, soll eine genauere Untersuchung in den nächsten Tagen ergeben.

Dem 18-Jährigen wurde bei einer Abwehraktion der rechte Arm eingeklemmt, was eine schwerere Lädierung der Schulter bedeuten und ebenfalls eine längere Pause zur Folge haben könnte. Den vereinzelt von kritischen Fans geäußerten Vorwürfen, der HSC habe bei der Zusammenstellung seines Personals eventuell die medizinischen Prüfungen nicht genau genug durchgeführt, oder dass „falsch trainiert“ werde, tritt Jan Gorr entgegen: „Mit Blick auf diesogenannten Bagatellverletzungen, wie durch Umknicken, kann man versuchen, viel Risiko über Trainingssteuerung und Prophylaxe wegzunehmen. Kampfverletzungen hingegen wird man immer wieder akzeptieren müssen.“ Man müsse bei kritischer Betrachtung immernach der Art der Verletzung schauen. Währendbei Torwart Kulhánek und Tom Wetzel nicht Zweikampf-Situationen ursächlich seien („Das kann genetische Veranlagungund damit angeboren, aber einfach auch nur Pech sein“), habe es dieKollegen Barsties, Neloski, Linhart und Lilienfelds allesamt „im Gefecht“ erwischt.

„Was kann man machen, wenn ein Gegenspieler Petr Linhart bei dessen Versuch durchzubrechen das Knie in den Oberschenkel rammt und ihm einen Pferdekuss verpasst?“,fragt der Coburger Coach rhetorisch. Dass es seine Mannschaft diesbezüglich „in den letzten zwölf Monaten geballt trifft“, bewertet er als Pech. Über seine gesamte Amtszeit beimHSC seit 2013 gesehen habe der Klub nicht mehr Ausfälle zu verkraften gehabt als viele der Konkurrenten auch. Neuverpflichtungen schließt Gorr, neben dem Traineramt auch Sportlicher Leiter beim Zweitligisten, schon aus wirtschaftlichen Gründen kategorisch aus. „Mit der Hilfe unserer Partner haben wir die Maßnahme stemmen können, Marko Neloski nach zu verpflichten, als klar war, dass Tom Wetzel länger ausfallen wird. Mit diesem Stand müssen wir nun aber auskommen. “Andere Klubs, mutmaßt der HSC-Coach, hätten den Ausfall eines erfahrenen Torwarts wie Jan Kulhánek sicherlich sofort mit einer Nachverpflichtung zukompensieren versucht.„Wir hingegen haben die ganze Last auf Oliver Krechel und Youngster Patryk Foluszny gelegt. Und sie haben das Vertrauen nicht enttäuscht.“

Der Umstand, dass – außer Keeper Kulhánek – alle Zwangspausierer Rückraumspielersind, ist für Gorr ebenfalls nichts Außergewöhnliches. „ Das Handballspiel als solches ist in der heutigen Zeit extrem Rückraum orientiert. Da geht kaum eine Aktion ohne Körperkontakt ab. Und es gibt in einem solch harten Sport eben Zeiten, wo sich unglückliche Aktionen extrem häufen.“ Das Gute daran aus HSC-Sicht: Es kann im Grunde kaum schlimmer kommen, sondern über den Jahreswechsel nur besser werden. Im Idealfall mit einem geordneten Übergang von der neuen Vorbereitungsphase ins Saison-Restprogramm – und im Gegensatz zur Problematik am Beginn der aktuellen Runde 2017/2018, die Jan Gorr so beschreibt: „Wir mussten die Punktspiele zwangsläufig mit anderen Spielern bestreiten als denen in der Vorbereitung. Beispielsweise konnte ‚Kiwi‘ (Romas Kirveliavicius) wegen einer Bauchmuskelverletzung die Vorbereitung nicht mitmachen. Dagegen waren Petr, Philipp und Tom ein Stückweit dabei und sind danach verletzt ausgefallen.“ Dadurch sei es schwer gewesen, „ein im Detail funktionierendes Gebilde aufzubauen“, und zum anderen habe „viel Last auf den sechs bis acht übrigen Spielern gelegen.Wenn dann beim ein oder anderen Leistungsschwankungen auftreten, schlägt das sofort ins Kontor“ ,bedauert Jan Gorr die aktuell fehlenden Möglichkeiten, stark beanspruchten Akteuren Pausen zuverschaffen oder mehr taktische Optionen zur Verfügung zu haben.

Auch die sich aus dem Dilemma ergebende „Chance für den Nachwuchs“ sei eine „zweischneidige Angelegenheit.“ Der 19-jährige Benedikt Kellner und Jakob Knauer haben so plötzlich ihre Chance bekommen. „Wir mussten sie notgedrungen ins kalte Wasser werfen, obwohl es oft besser ist, junge Talente behutsam und sensibel an die 1. Mannschaft heranzuführen.“ Dass insgesamt noch zu wenig Nachwuchsspieler zur Verfügung stehen, die bei personellen Engpässen nachrücken und aushelfen können oder generell auf dem Sprung in den Profi-Bereichstehen, ist ein Thema, das Jan Gorr nicht allein wegen der aktuellen Problemsituation auf den Nägeln brennt.„Wir haben in den vergangenen vier Jahren eine rasante Fahrt bis hoch in die 1. Bundesliga erlebt. Und welcher andere Zweitligist hat eine 2. Mannschaft, die in der 3. Ligaspielt, dazu eine A-Jugend auf Bundesebene und die B – und C – Jugend im Landesbereich angesiedelt. Trotzdem merken wir, dass wir nicht breit genug aufgestellt sind, um auf den verschiedenen Hochzeiten auf diesem hohenNiveau gleichzeitig tanzen zu können, sondern dass wir besonders im Nachwuchsbereich Substanz aufbauen müssen. Nur dann können wir der Verantwortung für junge Spieler gerecht werden und sie sensibel hochziehen.“ Dabei sei bei allem Ehrgeiz Geduld gefragt, wie Jan Gorr nicht zuletzt an sich selbst feststellt. „Ich neige ab und an dazu, manches zu schnell zu wollen und muss mich daher gelegentlich selbst maßregeln.

Dennoch steht fest, dass wir uns in der Breite stärken müssen.“ Schritt für Schritt. Einnächster wird personeller Art sein. Ab Januar soll eine weitere Physiotherapeutin in Teilzeit das Betreuer-Teamverstärken. „Sie wird Mannschafts-übergreifend auch in unserem Jugend-Bereich tätig sein“, freut sich Jan Gorr. Und dazu beitragen, unter anderem gezielt Vorbeugung gegen Verletzungen zu betreiben.

Bericht von Michael Döhler (Neue Presse)
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)



Jan Kulhánek

  • Verletzt seit:
    Ende September 2017
  • Art der Verletzung:
    Muskel-/Sehnenverletzung im Oberschenkel
  • Behandlung:
    konservativ
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Anfang oder Mitte Dezember 2017

Philipp Barsties

  • Verletzt seit:
    Anfang Oktober 2017
  • Art der Verletzung:
    Meniskusverletzung im Knie
  • Behandlung:
    operiert am 10. Oktober
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Anfang oder Mitte Dezember 2017

Petr Linhart

  • Verletzt seit:
    04. November 2017
  • Art der Verletzung:
    Muskelverletzung im Oberschenkel
  • Behandlung:
    konservativ
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Anfang oder Mitte Dezember 2017

Marko Nelosik

 

  • Verletzt seit:
    14. Oktober 2017
  • Art der Verletzung:
    Verletzung der Rechtenschulter
  • Behandlung:
    konservativ
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Anfang oder Mitte Dezember 2017

Girts Lilienfelds

 

  • Verletzt seit:
    Anfang Mai 2017
  • Art der Verletzung:
    Schulterverletzung
  • Behandlung:
    OP im Mai 2017
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Februar 2018

Tom Wetzel

 

  • Verletzt seit:
    August 2017
  • Art der Verletzung:
    Hüftproblematik
  • Behandlung:
    zuerst konservativ, dann OP im September 2017
  • Ausfalldauer:
    voraussichtlich bis Februar 2018