Nach Nervenschlacht über Nervenschlacht in den vergangenen Wochen dürfte es Jan Gorr und seinem Team nicht unrecht gewesen sein, dass das Auswärtsspiel am Freitagabend in Niedersachsen eher Trainingscharakter hatte. Nach 60 Minuten hatte der HSC beinahe doppelt so viele Tore auf der Anzeigetafel stehen wie der Aufsteiger: 19:37 in Zahlen.

Nach 13 gespielten Minuten hatte Heimcoach Davor Dominikovic bereits zwei Auszeiten verbraucht. Der Kroate wollte an die Ehre seiner Mannen appellieren, sprach von Regionalliga-Niveau und einer Abwehr im Volleyball-Stil. So sehr das Ganze nach Übertreibung klingt, zweitklassig war der Auftritt der Niedersachsen am Freitagabend zu keinem Zeitpunkt. Dass der TuS nach zuletzt überzeugenden Auftritten in der Liga mit einem Sieg gegen Dresden und einem Remis gegen Essen mit so wenig Selbstvertrauen und Energie auf die Platte gekommen war, dürfte wohl jeden der 550 Zuschauer im erst 2020 fertiggestellten Vinnhorster Sportzentrum gewundert haben.

Die Voraussetzungen für einen neuerlichen TuS-Punkterfolg waren nicht die schlechtesten. Nils Schröder kehrte in den Kader zurück, Leistungsträger Falk Kolodziej feierte seinen 30. Geburtstag. Party-Stimmung sollte an diesem Abend aber nur bei den mitgereisten Coburger Fans aufkommen. Personell musste Jan Gorr einmal mehr improvisieren: Mit Felix Jaeger (Steißbeinprellung), Jakob Knauer (krank) und Pavels Valkovskis fehlte eine Menge Qualität im Rückraum. So hatten Merlin Fuß auf halbrechts und Fynn Herzig auf halblinks keine etatmäßigen Back-ups an diesem Abend.

Wie man eine solche Situation löst? Mit maximaler Treffersicherheit von der ersten Minute an. Herzig und Fuß hatten kombiniert bei ihren ersten sechs Versuchen keinen einzigen Fehlwurf zu Buche stehen. Beim Stand von 4:9 rief Dominikovic sein Team zum zweiten Mal zusammen. Und in den darauffolgenden Minuten schien sich sein Team etwas zu stabilisieren. Nachdem die offensive 5:1-Deckung ihre Wirkung gegen den HSC-Rückraum komplett verfehlt hatte, probierte es der TuS mit der 6:0-Abwehr und brach die Coburger Dominanz zumindest kurzzeitig.

Die Vinnhorster hatten einige Male über den Kreis, in Person des Ex-Coburgers Marcel Timm und Milan Mazic, Erfolg, ansonsten gelang aber wenig. Die Würfe aus dem Rückraum waren größtenteils unvorbereitet und wurden leichte Beute für Kristian van der Merwe. Die Bilanz des Dänen: 18 Paraden bei einer Fangquote von 51 Prozent. Das Fangen war an diesem Abend wörtlich zu nehmen. Selten durfte ein Torwart in der 2. Liga so viele Bälle sicher in den Händen gehabt haben. Die Fehlwürfe und technische Fehler über technische Fehler luden den HSC immer wieder zu einfachen Toren per Tempogegenstoß ein. „Kritisch“ war lediglich eine Phase nach 20 Minuten, als die Vinnhorster auf vier Tore verkürzt hatten (8:12).

Coburg wackelte kurz, kam dann aber durch Florian Billek, der nach Zeitspiel mit dem letztmöglichen Wurf abschloss, und einem Tor von Tumi Steinn Runarsson aus acht Metern wieder in seinen Rhythmus.

Nach dem 11:19 zur Halbzeitpause hätte man annehmen können, dass der TuS wie verwandelt aus der Kabine komme. Aber weit gefehlt. Die bereits im ersten Durchgang hohe Fehlerquote ging in den zweiten 30 Minuten sogar noch nach oben. Dabei muss aber auch festgehalten werden: Die Coburger waren fokussiert und seriös über die fast komplette Spielzeit. Nach 36 Minuten war der Vorsprung der Gäste nach einem Steal und Tempogegenstoß von Jannes Krone, der viele Jahre lang für den Vinnhorster Stadtrivalen Hannover-Burgdorf aktiv war, erstmals auf zehn Tore angewachsen (12:22).

Gorr konnte viel rotieren und in der Schlussphase beispielsweise auch Felix Dettenthaler, Leo Valkovskis oder Andrej Obranovic Spielzeit gönnen. Der 17-jährige Valkovskis fügte sich mit einem Treffer gut ein. Bereits bei seiner Zweitliga-Premiere gegen Potsdam vor einigen Wochen war das lettische Talent erfolgreich. Erfolgreich war auch der zweite HSC-Keeper, Fabian Apfel. Das Eigengewächs parierte die ersten vier Bälle, die auf sein Tor kamen, allesamt.

Während die Niedersachsen mit ähnlichen Leistungen wie am Freitagabend keine Chance auf den Klassenerhalt haben dürften, war der souveräne Auftritt der Oberfranken ein Fingerzeig, dass mit dem HSC Coburg nach durchwachsenem Saisonstart wohl doch in der oberen Tabellenhälfte zu rechnen scheint.

Die Statistik

TuS Vinnhorst: Kristoffersen (4 Paraden), Hanemann (5 Paraden) – Mileta (2), Stasch (1/1), Kolodziej, Buntic, Ruddat (2), Lungela (4/1), Mazic (3), Gertges (2), Hagen (1), Timm (2), Mußner (2), Schröder, Durmaz, Hild

HSC 2000 Coburg: Van der Merwe (18 Paraden, 1 Tor), Apfel (4 Paraden), Eggert – Runarsson (4), M. Jaeger (4), Dettenthaler, Bis (3), Glatthard (1), Fuß (5), Obranovic, Ossowski (1), Billek (2), Herzig (7), Krone (6/1), L. Valkovskis (1), Schäffer (2)

Schiedsrichter: L. Barmann / N. Barmann

Zeitstrafen: 3 (2 x Timm, Mazic) – 2 (Fuß, Schäffer)

Siebenmeter: 2/2 – 1/2 (Billek scheitert an Hanemann)

Spielfilm: 0:3 (3.), 1:6 (7.), 4:7 (11.), 6:12 (18.), 8:12 (20.), 9:15 (26.), 11:19 – 14:24 (38.), 15:29 (46.), 17:31 (51.), 18:34 (56.), 19:37

Zuschauer: 550

Beste Spieler: Lungela – Herzig, Krone, van der Merwe

Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.

Bericht von Coburger Tageblatt

Bild von Iris Bilek