2. Handball-Bundesliga – Gegen den Aufstiegsanwärter Dessau-Roßlauer HV führt der HSC nahezu ständig, steht dann aber doch mit leeren Händen da. Die rassige Partie endet fast mit einem Eklat. Haake überrumpelt den HSC erneut.

Spannung bis zum Abpfiff – das gab es am Samstag nicht nur in der Fußball-Bundesliga oder im Eishockey-Halbfinale zwischen Deutschland und den USA. Auch die 1.478 Fans des HSC 2000 Coburg und des Dessau-Roßlauer HV kamen in dieser Hinsicht voll auf ihre Kosten. Doch die Coburger mussten eine unverdiente 27:28-Niederlage gegen den Aufstiegsanwärter hinnehmen.

„Natürlich sind wir enttäuscht, doch mit Eisenach wartet bereits der nächste Knaller“, schaute Coburgs Coach Jan Gorr bereits wieder nach vorne, der den Gegner lobte: „Dessau spielt eine herausragende Saison, konstant auf hohem Level bis zur letzten Sekunde.“ Was der HSC bitter erfahren musste. Nicht nur Vestus, das HSC-Maskottchen, hatte beim Einlauf der Coburger kurz den Kopf verloren, sondern auch die Coburger am Ende der Partie. Nach dem Fehlwurf des DRHV beim Stand von 27:27 drückte Jan Gorr den Auszeit-Buzzer. Neun Sekunden waren noch zu spielen. Der Spielzug wurde besprochen. Doch dazu kam es nicht. Nachdem TW Apfel Ossowski am eigenen Neun-Meter, halblinke Position, angespielt hatte, wurde der vehement von Sohmann attackiert, der Ball und Gegner bearbeitete. Der HSCler verlor diesen, Fabian Apfel wollte ihn aufnehmen, was misslang. Haake, der dazu geeilt war, schnappte sich den Ball und traf eine Sekunde vor dem Abpfiff ins leere Coburger Tor zur erst zweiten Führung für Dessau im gesamten Spiel überhaupt. Dass beide Situationen an Ossowski und Apfel mit einem Freiwurf für Coburg hätten geahndet werden müssen, sei dahingestellt.

Entsprechend aufgebracht war nicht nur das Coburger Publikum. „So wie das Spiel geendet ist, haben wir das nicht verdient. Das Spiel an sich hat auch mit den vielen Gäste-Fans richtig Spaß gemacht. Da gibt man unbewusst paar Prozent mehr – eigentlich ein schöner Handballtag bis auf das Ergebnis“, befand Jakob Knauer. Beide Teams vergaben gleich zu Beginn einige Tormöglichkeiten, aber es war sofort richtig Dampf in der Partie. Mit enorm viel Übersicht und einem abschließend riskanten Pass auf M. Jaeger quer von der rechten Halbposition durch die DRHV-Abwehr leitete Runarsson die erste deutliche Führung ein. Taktische Kniffe hatte sich Gäste-Coach Jungandreas überlegt, ließ die Coburger Halbspieler im Rückraum immer mal wieder kurz wegnehmen. Überraschend blieb deren erfolgreichster Feldtorschütze, Timo Löser, zunächst auf der Bank. Die knappe Führung der Coburger nach 10 Minuten war aufgrund des Chancenplus in der Anfangsphase jedoch fast zu wenig.

Doch Coburg ließ Dessau deren berüchtigtes Tempospiel nicht aufziehen, setzte selbst schnelle Akzente, ließ aber weiter Optionen aus. Die Gäste kamen beim 8:8 zum Ausgleich, da nützte es nichts dass die Coburger optisch deutliche Vorteile hatten. Immer wieder wurde M. Jaeger auf der linken Außenbahn in Wurfposition gebracht. Ausgehend von der ersten Überzahl, die dieses eine Mal effektiv genutzt wurde, setzte sich der HSC auf vier Tore ab. Sehenswert dabei der Treffer zum 11:8 als Herzig durch ein Abwehr-Gewusel hindurch Bis am Kreis fand. Nach 20 Minuten kam Löser für Dessau, nach der Auszeit beim 12:8 brachte Dessaus Coach Jungandreas den siebten Feldspieler. „Coburg hat in der ersten Halbzeit überragend agiert. Man hat gesehen, dass sie inzwischen gefestigt sind. Nach der Pause hatten wir das nötige Glück am Ende, zuvor aber selbst eine überragende Abwehr gespielt, effektiver agiert und mit schnellen Vorstößen immer wieder Nadelstiche gesetzt.“ Doch zunächst ließ die von Andreas Schröder erstklassig organisierte Deckung des HSC nicht viel zu. „Wir haben über weite Strecken gut gespielt. Dass wir am Ende ohne einen Punkt rausgehen ist sehr unglücklich, aber so ist Handball.“

Jubel brandete nach 21 Minuten abseits des Geschehens auf, als Hallensprecher Thomas Apfel den WM-Finaleinzug der Eishockey-Nationalmannschaft bekannt gab. Doch das Geschehen in der Arena hatte auch weiter einiges zu bieten, tolle Aktionen auf beiden Seiten. Doch gefühlt war der Toreabstand zwischen beiden Teams deutlich zu wenig. Für die erste Fünf-Tore-Führung hätten M. Jaeger oder Billek sorgen können. Das Dessauer Tor war zu diesem Zeitpunkt leer, doch der sich sofort entschuldigende Andreas Schröder probierte es mit einem Wurf vom eigenen Kreis direkt aufs gegnerische Tor, anstatt einen der beiden Außenspieler anzuspielen und scheiterte. Die zuvor erreichte Balleroberung bewies aber die über weite Strecken optimale Abwehrarbeit der Coburger

Erst beim 15:12 kam es zum ersten Blitzangriff der Sachsen-Anhaltiner, die in Ambrosius einen immer besseren Rückhalt im Tor hatten, der eine Minute vor Pausenpfiff zum zweiten Mal Sieger im Strafwurfduell blieb. Bereits in dieser Schlussphase vor dem Wechsel verlor der HSC etwas die Übersicht. Denn als Zwischenfazit blieb festzuhalten, dass die Zwei-Tore-Führung zu Pause deutlich zu wenig war ob der Chancenverteilung.

Unmittelbar nach dem ersten Angriff probierte es Flo Billek mit dem Wurf vom eigenen Kreis aufs leere Dessauer Tor – vergeblich, Ambrosius kam gerade noch rechtzeitig von der Bank zurück. Ein bisschen hatte Coburg die Coolness der ersten Halbzeit verloren, denn auch das nächste Überzahlspiel wurde nicht genutzt, sie rannten sich in der Deckung des Gegners fest. Die agierte nun äußerst ballbezogen, deutlich aggressiver als über weite Strecken der ersten Halbzeit. Es entwickelte sich ein begeisterndes Spiel, oft mit offenem Schlagabtausch, bei dem die Dessauer Abwehr in erster Linie auf Zerstörung aus war. Dabei galten die Attacken nicht in erster Linie dem Ball.

Für diese härtere Gangart musste Dessau Tribut zollen, Emanual sah nach der dritten Zeitstrafe die rote Karte. Wieder hatte der HSC die Option sich in Überzahl abzusetzen, doch auf mehr als zwei Treffer gelang dies im gesamten zweiten Durchgang nicht mehr, auch diese Überzahl ging verloren. Diskussionen gab es zuvor um den fünften Pass bei angezeigtem Zeitspiel. Coburg legte dennoch lange immer wieder vor, aber die Zermürbungstaktik der Dessauer Abwehr, die nicht selten hinten am Gegner „hingen“, war immer mehr von Erfolg gekrönt. „Wir hätten diesen Zweikämpfen viel besser aus dem Weg gehen müssen“, befand HSC-Coach Gorr. Hinzu kam das am Ende mitentscheidende Auslassen von weiteren Großchancen. Jakob Knauer knallte den Ball frei an die Latte. Als Dettenthaler nach sehenswertem Spielzug frei von der Außenposition scheiterte, drohte der erste Rückstand, doch Merwe auf der Gegenseite zog nach. F. Jaeger hielt mit drei Toren sein Team im Spiel (24:22, 52.), erzielte beim 24:22 den 1.000 Saisontreffer. Zuvor war Dettenthaler erneut frei mit einem Konter gescheitert. Unmut zogen sich die Unparteiischen zu, als sie Florian Billek nach einer eher nach einem Stürmerfoul „riechenden“ Aktion für zwei Minuten auf die Bank schickten. Aus dieser Überzahl heraus kam Dessau zur ersten Führung (24:25, 55.), die der HSC noch einmal kontern konnte und 75 Sekunden vor dem Abpfiff selbst in Führung lag. Mit einer Niederlage war nicht zu rechnen. Schon im Hinspiel beim 26:26-Remis hatten die Coburger dem Gegner mehr oder weniger einen Zähler „geschenkt“. Wie diesmal war es Haake, der eine Nachlässigkeit der Coburger zum letzten Dessauer Treffer nutzte.

 

Statistik

HSC 2000 Coburg – Dessau-Roßlauer HV 27:28 (16:14).

HSC 2000 Coburg: van der Merwe (6 Paraden), Jochens (4 Paraden), Apfel; Runarsson (2), M. Jaeger (5), Dettenthaler, Bis (2), Fuß (2), Ossowski, Billek (3), Herzig (2), Krone (2/2), Knauer (3), Schäffer (2), F. Jaeger (3), Schröder (1). Trainer: Gorr.

Dessau-Roßlauer HV: Patzwald, Ambrosius (13 Paraden); Löser (6), Hrstka (4/3), Haake (3), Gempp (3), Sohmann (4), Baumgart, Misovych (2), Schmidt, Haeske, Danneberg (1), Bones, Emanuel (3), Pust (2). Trainer: Jungandreas.

Schiedsrichter: Jan Lier / Manuel Lier

Strafminuten: 4 (Billek, Bis) – 8 (Emanuel 6, Gempp) – rote Karte gegen Emanuel (41:14)

Siebenmeter: 2/4 (Krone trifft zwei Mal, scheitert einmal an Ambrosius, Runarsson scheitert an Ambrosius) – 3/4 (Sohmann scheitert an van der Merwe, Hrstka trifft drei Mal)

Spielfilm: 1:0 (2.), 3:1 (6.), 5:3 (8.), 6:4 (11.), 7:5 (14.), 8:6 (15.), 8:8 (17.), 10:8 (19.), 12:8 (21.), 12:9 22.), 14:10 (25.), 15:12 (27.), 16:14 – 16:15 (32.), 17:15 (33.), 18:16 (36.), 19:18 (40.), 20:18 (41.), 20:20 (44.), 21:21 (47.), 22:22 (48.), 24:22 (52.), 24:25 (55.), 27:26 (59.), 27:28.

Zuschauer: 1.478

Beste Spieler: M. Jaeger, Schröder– Sohmann, Löser

Bericht von Ralph Bilek

Bild von Svenja Stache