TSV Bayer Dormagen

Die deutsche Torhüter-Legende Andreas Thiel, der ehemalige Weltklasse – Linksaußen und seit Januar 2019 auch Weltmeister – Trainer Nicolaj Jakobsen oder der zweimalige französische Weltmeister Kentin Mahe – das sind die vielleicht prominentesten Namen aus einer ganzen Schar bekannter Handballer, die in ihrer erfolgreichen Laufbahn unter anderem auch das Trikot von Bayer Dormagen getragen haben. Denn das Team vom Niederrhein hat einen guten Namen in der deutschen Handball-Landschaft. Nach dem erstmaligen Aufstieg im Jahre 1987 spielte der TSV zunächst elf Jahre lang ununterbrochen in der 1. Bundesliga. Zwischen 1999 und 2011 folgten weitere fünf Spielzeiten in der höchsten deutschen Spielklasse. Doch bereits in jenen Jahren machten die Dormagener Handballer auch immer häufiger durch finanzielle Probleme von sich reden. Als Hauptsponsor Bayer sein endgültiges Ausscheiden zum 30. Juni 2010 verkündete, gliederten sich die Profihandballer aus dem Hauptverein aus und starteten fortan als DHC Rheinland. Aber auch diesem Konstrukt war kein langes Leben beschieden: Bereits im Februar 2011 musste der DHC Insolvenz anmelden, was den Zwangsabstieg aus der 1. Liga zur Folge hatte. Nach einigem Hickhack bekam man dann zumindest noch die Lizenz für die 2. Liga, wenn auch mit der schweren Hypothek von 8 Minuspunkten. Nur einige Monate später geriet der DHC erneut in finanzielle Turbulenzen, zog seinen Lizenzantrag für die Saison 2012/13 zurück und startete – nunmehr wieder unter dem Namen TSV Bayer Dormagen – einen Neuanfang in der 3. Liga. Seither pendelt das Team ein wenig zwischen den Ligen und meldete sich im vergangenen Sommer nach zwei Jahren wieder zurück in der 2. Bundesliga.

Kader qualitativ und quantitativ verstärkt

Inzwischen hat der ehemalige Erstligist längst die Metamorphose hin zu einem vor allem auf engagierte Jugendarbeit setzenden Verein erfolgreich vollzogen. Allerdings muss der TSV dann auch immer wieder das Schicksal vieler Ausbildungsvereine teilen und kann die Früchte seiner ambitionierten Nachwuchsarbeit nur selten selbst ernten. Zwar bringt die Dormagener Nachwuchs-Abteilung in schöner Regelmäßigkeit große Talente hervor, die dann jedoch ganz schnell auf dem Einkaufszettel zahlreicher Bundesligavereine landen. Die aktuellsten Beispiele sind zweifellos Spielmacher Simon Ernst (jetzt Füchse Berlin) und Kreisläufer Moritz Preuss (aktuell VfL Gummersbach), die beide auch einen festen Platz im Notizbuch des Bundestrainers einnehmen. Gut möglich, dass auch der eine oder andere Akteur des aktuellen Kaders eine ähnliche Entwicklung nehmen kann.

Um in der 2. Bundesliga bestehen zu können, wurde der Kader vor der Saison mit insgesamt sieben Neuzugängen sowohl qualitativ wie quantitativ verstärkt. Handlungsbedarf sahen die Verantwortlichen beispielsweise auf der Torhüter-Position. Da noch unklar war, wann Stammkeeper Sven Bartmann nach seinem Motorradunfall und den dort erlittenen Verletzungen wieder auf das Parkett zurückkehren würde, hatte man bis zum Jahresende Gergö Rózsavölgyi vom ungarischen Erstligisten Vaci KSE verpflichtet. Vom niederländischen Erstligisten OCI Limburg Lions kam der Portugiese Nuno Rebelo zum TSV. Der 27jährige wurde in der vergangenen Saison in das All-Star-Team der niederländischen Liga gewählt und bildet nun mit dem Dänen Daniel Eggert ein starkes Gespann im rechten Rückraum. Im linken Rückraum ruhen nach wie vor große Hoffnungen auf dem erst 21jährigen Lukas Stutzke. Der Junioren-Nationalspieler wird im Sommer zum Erstligisten Bergischer HC wechseln, für den er bereits jetzt ein Zweitspielrecht besitzt. Unterstützung sollte er in dieser Saison eigentlich von Heider Thomas erhalten, der von den Rhein Vikings nach Dormagen gewechselt war. Doch der abwehrstarke Rückraumspieler konnte auf Grund einer hartnäckigen Leistenverletzung erst in der Rückrunde wieder auf das Parkett zurückkehren. Die Anteile auf der Spielmacher-Position teilen sich Ian Hüter, Junioren-Nationalspieler Eloy Morante Maldonado sowie Neuzugang Benjamin Richter. Wie schon in der vergangenen Saison erwies sich bislang auch in dieser Spielzeit Rechtsaußen Tim Roman Wieling als Dormagens „Torjäger vom Dienst“. Sein Pendant auf dem linken Flügel ist der vom Longericher SC gekommene Joshua Reuland. Gut verstärkt hat sich der TSV auch am Kreis mit dem Schweden Carl Löfström.  

Zittern bis zum Schluss

Zwar sah man sich damit gut gerüstet für einen neuen Anlauf in Liga 2, ging die Aufgabe jedoch auch mit Bescheidenheit an: „Es geht nur um den Klassenerhalt”, stellte Aufstiegs-Trainer Ulli Kriebel in aller Deutlichkeit klar. „Wir spielen in der stärksten 2. Liga der Welt und wenn wir es schaffen, fünf Mannschaften hinter uns zu lassen, dann haben wir Sensationelles geschafft.” Zumindest mit dem Saisonauftakt dürfte man am Niederrhein jedenfalls erst einmal zufrieden gewesen sein. Zwar kassierte man am ersten Spieltag gegen den großen Meisterschaftsfavoriten TuS N-Lübbecke eine erwartete Niederlage und auch beim heimstarken EHV Aue gab es für die „Wiesel“, wie sich die Mannschaft seit einigen Jahren nennt, trotz starkem Auftritt letztlich nichts zu holen. Doch aus den folgenden fünf Spielen holte der TSV immerhin 7:3 Punkte und gewann dabei auch auswärts in Hüttenberg und Emsdetten. Dem folgte jedoch eine Negativserie mit sechs Niederlagen am Stück, die die Rheinländer bedrohlich nahe an die Abstiegsränge rutschen ließ. Am Ende der Hinrunde hatten die „Wiesel“ mit 15 Punkten immerhin die Hälfte der für den Klassenerhalt anvisierten 30 Punkte auf dem Konto und rangierten auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Dennoch sahen die Verantwortlichen Handlungsbedarf und trennten sich in der WM-Pause von Trainer Kriebel. „Nach eingehender Analyse der Hinrunde und der derzeitigen sportlichen Situation haben wir uns für einen Trainerwechsel entschieden, um mit Dusko Bilanovic im Kampf um den Klassenerhalt den entscheidenden Impuls zu setzen“, so Handball-Geschäftsführer Björn Barthel. Seither gab es ein Heim-Remis gegen Aue, einen Heimsieg gegen den TV Hüttenberg und zuletzt eine bittere 24:34-Niederlage in Wilhelmshaven.  

Bericht von Gerd Nußpickel