Die Rhein-Neckar Löwen spielen sich beim klaren 39:24-Heimsieg über den HSC 2000 Coburg den Frust von der Seele. Von der ersten Minute zeigten die Oberfranken zu viel Respekt vor der vermeintlichen Übermacht um Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki & Co.

Nach der deftigen 23:32-Niederlage im Topspiel beim THW Kiel einen Tag vor Weihnachten hatten die Rhein-Neckar Löwen etwas gutzumachen – und schafften dies auch mit einem lockeren 39:24 (19:8) über den HSC 2000 Coburg. Für die Mannschaft von Trainer Alois Mraz war es die 13. Niederlage im 15. Spiel: eine einkalkulierte Pleite in der Mannheimer SAP-Arena.

“In der ersten Halbzeit hatten wir überhaupt keinen Zugriff auf das Spiel. So ins Spiel zu gehen, dürfen wir uns einfach nicht erlauben”, sagte der Coburger Christoph Neuhold nach der Partie am Sky-Mikrofon. “In der zweiten Halbzeit haben wir das Ganze ein bisschen in den Griff bekommen, ein paar Tore mehr gemacht. Aber natürlich ist das Ergebnis viel zu hoch.”

Für den Österreicher Neuhold und den Tschechen Stepan Zeman bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen, beide werden in den nächsten Tagen zu ihren jeweiligen Nationalteams stoßen und sich auf die WM in Ägypten vorbereiten.

Rhein-Neckar Löwen –HSC Coburg 39:24 (19:8)

Mit Torwart Jan Kulhanek und Florian Billek waren immerhin zwei Coburger zu Beginn auf der Platte, die die letzte Klatsche (33:20) bei den Rhein-Neckar Löwen im April 2017 noch miterlebt hatten. Angenehmer sollte es auch beim zweiten Bundesliga-Auftritt des HSC 2000 in der SAP-Arena nicht werden. An Kulhanek lag das aber zunächst nicht: Der tschechische Routinier erhielt diesmal den Vorzug vor Konstantin Poltrum und zahlte das Vertrauen des Trainers prompt mit vier Paraden in den ersten fünf Minuten zurück. Unter anderem parierte der 39-Jährige zwei Versuche von Nationalspieler Jannik Kohlbacher am Kreis.

Im Positionsangriff agierten die Gäste von Beginn an gegen eine funktionierende Löwen-Deckung viel zu mutlos und zurückhaltend. Harmlose Abschlüsse aus dem Rückraum wurden zu einer leichten Beute für Keeper Andreas Palicka, Anspiele an den Kreis wurden abgefangen: Fehler, durch die die Gastgeber ihr gefürchtetes Tempospiel etablieren und auf 5:1 (10.) davonziehen konnten – Auszeit HSC. “Uns hat von Anfang an ein bisschen der Mut gefehlt. Wir haben nach, ich weiß nicht wie vielen Minuten, noch keinen richtigen Wurf aufs Tor bekommen, das darf einfach nicht passieren”, so Neuhold.

Kein Wunder, dass Mraz in der ersten Auszeit bereits auf Betriebstemperatur war. Er monierte die zu frühen und unvorbereiteten Pässe an den Kreis, ermutigte Pouya Norouzi Nezhad & Co. zu mehr Tordrang. Zumindest in Teilen wurden seine Worte erhört: Tobias Varvne traf zweimal energisch aus dem Rückraum (8:3, 12.).

Mitte des ersten Durchgangs etablierte der HSC dann sogar etwas Spielkultur. Nachdem Milos Grozdanic das Tor vom Siebenmeterstrich noch verfehlt hatte, setzte er Billek mit einem Pass über das ganze Feld in Szene und wurde danach selbst von Pouya auf Linksaußen bedient. Beim 11:6 (20.) schien Coburg im Spiel angekommen zu sein.

Kleine Coburger Läufe verpuffen

Doch es erfolgte die Ernüchterung: Der HSC lud die Löwen mit Fehlpässen wieder zu Tempogegenstößen ein und zeigte sich nun auch defensiv im Positionsangriff zu passiv gegen die Schützen aus dem Rückraum. Zweimal Kohlbacher vom Kreis, Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki schraubten den Vorsprung mit einem 5:0-Lauf binnen kürzester Zeit auf erstmals zehn Tore in die Höhe (16:6, 26.). Unglücklich verliefen dann noch die letzten Minuten vor der Halbzeitpause. Billek holte sich zunächst eine unnötige Zeitstrafe ab, danach waren die Coburger nach einem Wechselfehler sogar für eine Minute doppelt dezimiert.

Keine 40 Sekunden waren im zweiten Durchgang vergangen, als sich die Rhein-Neckar Löwen die erste Zeitstrafe einhandelten. Poltrum, der eingewechselt wurde, traf das leere Heimtor und brachte die Gäste immerhin auf 10:19 (32.) heran. Es sollte der letzte einstellige Rückstand der Partie bleiben. Nach einem neuerlichen Lauf, diesmal vier Treffer in Serie, war bereits 25 Minuten vor Spielende die Vorentscheidung gefallen (23:10).

Löwen-Trainer Martin Schwalb wechselte ab diesem Zeitpunkt munter durch. Dem Offensivrhythmus seiner Mannschaft tat das keinen Abbruch, die Partie hatte aus Sicht des Tabellenzweiten nun nur noch den Charakter eines Trainingsspiels. Der HSC trat nun im Angriff etwas inspirierter auf, da er auch von vereinzelten Fehlern der Gastgeber profitierte und zu einigen einfachen Toren kam. Florian Billek, der bereits während einer Auszeit in der ersten Halbzeit seine Teamkollegen lautstark anfeuerte, ging mit gutem Beispiel voran und sorgte mit seinen acht Toren dafür, dass der Rückstand einigermaßen erträglich blieb (30:18.).

Dass das Polster der Löwen dann aber doch auf bis zu 17 Treffer (38:21, 55.) anwuchs, hatte mit einem Oldie und einem Youngster zu tun. Während der 40-jährige Isländer Alexander Petersson mit fünf Toren in den zweiten 30 Minuten im Angriff den Ton angab, konnte sich im Tor der 18-jährige David Späth einige Male auszeichnen. Die 40er-Tore-Marke wäre in dieser einseitigen Begegnung nur folgerichtig gewesen, doch Groetzki traf bei einem Kempa-Versuch nur die Latte.

Die Statistik

Rhein-Neckar Löwen: Palicka (12 Paraden, 1 Tor), Späth (2 Paraden), Katsigiannis – Schmid (1 Tor), Gensheimer (7/1 Siebenmeter), Kirkelokke (2), Patrail (4), Tollbring (1), Ahouansou (2), Abutovic, Groetzki (5), Petersson (5), Gislason (2), Nielsen (1), Nilsson (5), Kohlbacher (3)

HSC 2000 Coburg: Kulhanek (8 Paraden), Poltrum (4 Paraden, 1 Tor), Apfel – Nezhad, Sproß (2), Kelm, Nenadic (1), Billek (8/2), Zetterman (1), Varvne (3), Dettenthaler, Kurch (1), Zeman (3), Grozdanic (2), Neuhold (2)

Schiedsrichter: David Hannes / Christian Hannes

Spielfilm: 2:1 (5.), 5:1 (10.), 9:3 (15.), 11:6 (20.), 16:6 (26.), 19:8 (30.) – 19:10 (32.), 23:10 (35.), 26:14 (40.), 29:16 (44.), 34:18 (51.), 38:23 (57.), 39:24

Zeitstrafen: 6 (2 x Ahouansou, Gislason) – 8 (Nenadic, Billek, Varvne, Kurch)

Siebenmeter: 1/1 – 2/3 (Grozdanic verfehlt Tor)

Beste Spieler: Nilsson, Gensheimer – Billek

Bericht von inFranken
Bild von Iris Bilek