Trotz einer Leistungssteigerung nach der Pause gehen die Vestestädter zum drittenMal in Folge leer aus. Zweitliga-Tabellenführer VfL Gummersbach warf 37 Tore in der HUK-COBURG arena und entführt völlig verdient die Punkte.

Coburg — „Leider ist mein Handballjahr vorbei. Ich befinde mich in Isolation und kann heute nicht beim Spiel dabei sein. Jungs, beendet das Jahr stark und lasst uns nach diesem verrückten 2021 mit so vielen Nackenschlägen im nächsten Jahr neu beginnen! Ich werde 2022 extrem motiviert zurückkommen!“ Mit dieser emotionalen Botschaft in englischer Sprache teilte Coburgs Trainer Brian Ankersen auf seinem Instagram-Account am Sonntagvormittag mit, dass er am Nachmittag gegen den Zweitliga-Tabellenführer VfL Gummersbach nicht an der Seitenlinie in der HUK-COBURG arena stehen kann. Aufgrund eines Corona-Falls in seinem näheren Umfeld verzichtete der Däne auf das Coaching, um für die Mannschaft und die in der Halle anwesenden Personen kein Risiko einzugehen. Der HSC-Chefcoach befindet sich in Selbstisolation und konnte das Spiel – wie nahezu alle HSC-Fans – nur am Bildschirm beobachten. Was er dabei sah, wird ihn kaum erfreut haben, denn das „Geisterspiel“ am 2. Weihnachtsfeiertag endete mit dem aus HSC-Sicht befürchteten Favoritensieg: 37:35 – die dritte Pleite in Folge für den Erstliga-Absteiger.
Es war bereits die sechste Niederlage in der Amtszeit von Ankersen, der nun ebenso wie sein Vorgänger Alois Mraz (4:8) eine Negativbilanz aufweist (10:12). In der Summe macht das 14:20 Punkte – viel zu wenig für den Erstliga-Absteiger! Die Niederlage konnten auch Silvio Krause und Ralf Baucke nicht verhindern. Die beiden Co-Trainer der Vestestädter schlüpften kurzfristig in die Rolle der Chefanweiser – entscheidende Impulse kamen von ihnen allerdings nicht. Krause stellte nach dem Wechsel auf eine etwas offensivere Deckung um, doch der durchschlagende Erfolg blieb aus. Öfters war sein Team bis auf zwei Tore dran und hatte mehrmals sogar die Chance Mitte der zweiten Hälfte, den Anschlusstreffer zu erzielen. Doch es sollte einfach nicht sein – der Favorit hatte den längeren Atem und immer eine Antwort parat. Krause lobte anschließend trotzdem seine Mannschaft, die nach dem Eisenach-Spiel eine gute Reaktion gezeigt hätte. Bei den Gastgebern fehlte verletzungsbedingt Linksaußen Milos Grozdanic, und der wiedergenesene Lukas Juskenas wirkte nur im ersten Durchgang mit. Die Ideen sowie die Durchschlagskraft seines nach wie vor verletzten Spielmacher-Kollegen Tobias Varvne fehlen weiter an allen Ecken und Enden. Und noch einer musste passen: Der letztjährige Coburger Stepan Zeman. Der Kreisläufer in Diensten der Gummersbacher leidet derzeit an einer Entzündung an der Kopfhaut und musste kurzfristig das Spiel an alter Wirkungsstätte absagen.

2.Bundesliga HSC 2000 Coburg – VfL Gummersbach 35:37 (14:19)

Fehlstart Coburg! Nach gerade einmal dreieinhalb Minuten stand es nach drei Tempogegenstößen – zwei davon auf das verwaiste HSC-Tor – 4:1 für den Tabellenführer. Die schnelle Zeitstrafe gegen Jan Schäffer in der ersten Minute tat richtig weh. Die „Schwarz-Gelben“ steckten die katastrophalen Anfangsminuten aber gut weg und erzwangen bis zur 20.Minute ein Spiel auf Augenhöhe (9:10). Grund: Der Altmeister trat keineswegs wie ein Spitzenreiter auf, offenbarte immer wieder Schwächen und bot genügend Angriffsflächen – entscheidend nutzen konnten die Coburger diese aber nicht. Nach dem ersten Vier-Tore-Rückstand (10:14/24.) nahm Krause eine Auszeit. Sachlich, ruhig, mit wenigen Gesten und kaum erkennbaren Emotionen plauderte er auf Kurch, Schröder, Fuß & Co. ein. Doch am Spielverlauf änderte sich danach wenig. Coburg tat sich im Positionsangriff gegen die recht stabile 6:0-Abwehr des Ligaprimus weiter sehr schwer. Wenn sich doch einmal Lücken auftaten, fehlte die Genauigkeit im Abschluss: Max Preller von Linksaußen und Florian Billek von Rechtsaußen vergaben aus aussichtsreichen Situationen. Der glücklos agierende Dieudonné Mubenzem fand öfters seinen Meister in Gummersbachs Torsteher Martin Nagy. Der Rückstand wuchs und wuchs: 10:16 (27.).

Die einfachen Tore fehlten

Was fehlte, waren vor allem die einfachen Tore aus dem HSC-Rückraum. In den letzten Minuten vor der Pause drohte bereits die Vorentscheidung, doch eine Paraden von Jan Kulhanek und eine Energieleistung von Kapitän Andreas Schröder zwei Sekunden vor der Pausen-Sirene machten wieder Hoffnung. Statt 13:20 stand es 14:19 – der HSC ging „nur“ mit einem Fünf-Tore-Rückstand in die Kabine.

Kulhanek steigert sich

Mit dem Mute der Verzweiflung und einem sich deutlich steigernden Jan Kulhanek zwischen den blauweißen Pfosten wurde das Spiel nach der Pause deutlich attraktiver. Zwei Paraden, zwei weite Pässe über die gesamte Platte und zwei wild entschlossene Würfe von Billek und Kurch: Nur noch zwei – 21:23 (37.) – Coburg war plötzlich wieder dran. Und es hätte noch enger werden können, doch am eigenen Kreis fehlte mehrmals der letzte Biss, denn gleich viermal schnappten sich die Gäste in dieser entscheidenden Phase nach Kulhanek-Paraden den Ball und lochten doch noch ein. Und dass vor den Augen der entsetzt, nur noch tatenlos zusehenden HSC-Abwehrrecken. Die VfL-Spieler antizipierten besser, griffen einfach beherzter zu (27:31/49.).

Tolle Moral – aber die Qualität reicht nicht

Es spricht für die Moral der nie aufgebenden Coburger, dass sich der große Favorit zu keinem Zeitpunkt der torreichen Partie sicher fühlen konnte. Als Jakob Knauer fünf Minuten vor Schluss auf 32:34 verkürzte, war die Hoffnung auf zumindest einen Punkt wieder da. Der auf der Tribüne emotional mitfiebernde Geschäftsführer Jan Gorr sah die Niederlage aber kommen: „Gummersbach hat im Rückraumunheimlich viel Qualität. Das ist ebenso. Und wir lassen zu viele Dinger liegen.“ Der Ex-Trainer hatte Recht: Als Florian Billek in der 58.Minute vom Strich scheiterte, war die Messe gelesen. Die letzte Auszeit von Krause beim Stand von 32:37 rüttelte die „Gelb-Schwarzen“ zwar ein letztes Mal wach und Coburg gelangen auch noch drei Treffer, doch Gummersbach entführte völlig verdient die Punkte aus der HUK-COBURG arena. Während sich die Gäste als souveräner Tabellenführer in die EM-Pause verabschieden, verließen die HSC-Spieler erhobenen Hauptes die eigene Halle.

Statistik

HSC Coburg: Kulhanek, Jochens, Apfel – Preller (4/2), Fuß (2), Toom (3), Billek (8/1), Mubenzem, Juskenas, Knauer (2), Schäffer (2), Dettenthaler, Kurch (4), Schröder (6), Bauer (4)

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic – Rikhardsson (7), Fanger, Vidarsson (2), Köster (2), Schroven, Hermann, Schneider (1), Herzig (4), Pregler (2), Dzialakiewicz (1), Santos (3), Stüber (8), Bozovic (7/4)

Schiedsrichter: Jannik Rips / Michael Fries

Zuschauer: keine zugelassen

Zeitstrafen: 2 (Schäffer, Kurch) / 3 (Köster, Schneider, Stüber)

Siebenmeter: 3/4 (Preller trifft zweimal, Billek verwirft und trifft je einmal) / 4/4 (Bozovic trifft viermal)

Spielfilm: 1:4 (4.), 9:10 (20.), 10:14 (24.) – Auszeit Coburg – 13:19 (29.) – Auszeit Gummersbach – 14:19 – Pause 21:23 (37.), 22:27 (42.) – Auszeit Coburg – 27:29 (46.) – Auszeit Gummersbach – 30:32 (52.), 31:34 (55.), 32:37 (58.) – Auszeit Coburg – (35:37).

Beste Spieler: Kulhanek, Billek,Schröder / Stüber, Rikhardsson

Bericht von inFranken

Bild von Svenja Stache