Drei Tore Rückstand gegen den VfL Eintracht Hagen, fünf gegen den TV Großwallstadt und jetzt sieben Tore gegen den TSV Bayer Dormagen: Die Heimniederlagen des Handball-Zweitligisten HSC 2000 Coburg fallen immer deutlicher aus. Nach dem 20:27 (8:14) am Samstagabend gegen die abstiegsbedrohten Rheinländer wartet Coburg 2023 weiter auf einen Sieg in eigener Halle. Wer dachte, mit dem Trainerwechsel von Brian Ankersen zu Jan Gorr und dem Erfolg aus Dresden im Rücken hätte sich vieles zum Besseren gewendet, wurde erneut bitter enttäuscht. Denn: Dormagen revanchierte sich deutlich für die Hinspielniederlage, die Anfang November 2022 zu großen Teilen einem exzellent aufgelegten Torwart Jan Kulhanek (21 Paraden) zu verdanken war, der noch immer verletzungsbedingt ausfällt. Doch die HSC-Probleme lagen diesmal klar auf der anderen Seite.

2.Bundesliga HSC 2000 Coburg – TSV Bayer Dormagen 20:27 (8:14)

Eine eklatante Angriffsschwäche war unübersehbar. Lediglich in Essen Mitte November präsentierte sich Coburg ähnlich schwach und verlor mit dem gleichen Ergebnis. Wie schon im Heimspiel gegen Hagen, als Coburg nach 15 Minuten auf die Verliererstraße geriet, dauerte es diesmal nur zehn Minuten, bis Dormagen in der HUK-COBURG arena das Kommando übernahm. Nach dem 5:4 (11.) gelangen Coburg nur noch 15 Treffer in 49 Minuten.

Hinten bekamen sie Mislav Grgic, den Spielgestalter auf Gäste-Seite, zu keinem Zeitpunkt in den Griff, vorne schlugen sie sich über weite Strecken an der gummiartigen, offensiv ausgerichteten 6:0-Deckung der „Wiesel“ die Zähne aus. Ganze 13 Würfe brachte der HSC vor der Pause aufs Tor der Gäste. „Wir haben heute den Spiegel vorgehalten bekommen, was für uns bis zum nächsten Spiel zu tun ist“, muss sich HSC-Interimstrainer und Geschäftsführer Gorr der Baustellen in der Mannschaft annehmen. Dabei hatte die Partie ausgeglichen begonnen. Doch schon in dieser frühen Phase war erkennbar, wer der Begegnung den Stempel aufdrücken würde.

Grgic war nicht nur selbst erfolgreich, sondern fand immer Kreisläufer Aron Seesing mit teils sehenswerten Anspielen. Auch deswegen gab es einmal mehr früh eine Vorentscheidung. Nach dem 5:4 blieb Coburg fast zwölf Minuten ohne eigenen Treffer. Die an diesem Tag letztlich chancenlosen und phasenweise überfordert wirkenden Coburger mussten einen 6:0-Lauf des TSV zum 5:10 (23.) hinnehmen – und erholten sich davon nicht mehr. Immer wieder liefen sie sich fest, agierten zu nah an der Dormagener Deckung, und hatten sie endlich einmal die Lücke gefunden, stand einem Torerfolg nicht selten Martin Juzbasic im Dormagener Tor im Weg. Immer wieder im Eins-gegen-eins, wie es Jakob Knauer aufgrund des meist nicht funktionierenden Zusammenspiels aufgrund des hohen Drucks der TSV-Abwehr probierte, war dauerhaft nicht die Lösung.

Kurz keimte nach der Pause Hoffnung auf, als der HSC den Rückstand bis zur 38. Minute auf drei Treffer halbierte (23:26). Genau zum richtigen Zeitpunkt nahm Gäste-Trainer Matthias Flohr die Auszeit und stoppte den „Flow“ der Coburger. „In unserer Niederlagenserie hat uns die Abgezocktheit gefehlt. Das war diesmal anders. Mit der ziemlich offensiven Art in der Abwehr gepaart mit hoher Einsatzbereitschaft haben wir es sehr gut hinbekommen und sind, nachdem Coburg kurz aufkam, ruhig geblieben“, sagte Flohr nach dem Spiel. Nach der kurzen Fokussierung in der Auszeit war Dormagen wieder gedanklich schneller, fast jeder Abpraller landete bei ihnen, und nicht einmal sechs Minuten später hatten sie den Sechs-Tore-Abstand wieder hergestellt. Näher als auf fünf Treffer kamen die Coburger, denen nun wieder die Ideen fehlten um den Abwehrriegel dauerhaft zu knacken, nicht mehr.

Gorr hatte sich den Auftritt seiner Mannschaft in seinem ersten Heimspiel als „Wieder-Chef-Trainer“ sicher völlig anders vorgestellt: „Dormagen hat extrem diszipliniert und effektiv agiert, uns hat es in ganz vielen Bereichen heute gefehlt.“ Für ihn schloss sich dennoch ein Kreis, denn bei der letzten Partie, als er am 6. März 2020 verantwortlich auf der Bank saß, hieß der Gegner ebenfalls Dormagen. Doch da gab es einen 32:25-Erfolg, also ebenfalls einen Abstand mit sieben Toren. Diesmal war es genau anders herum. „Dormagen hat uns in seinem Angriffsspiel auseinandergespielt, und in Überzahl haben wir nicht mit dem agiert, was man braucht, um eine Partie zu gewinnen.“ Als verantwortlicher Cheftrainer war es für Gorr die erste Heimniederlage seit dem 25. Mai 2019, als die Coburger mit einer bitteren 23:32 gegen den ASV Hamm-Westfalen die letzte Chance auf den Erstligaaufstieg verspielten. Dennoch konnte er als Geschäftsführer und Trainer in Personalunion der Partie gegen Dormagen noch etwas Positives abgewinnen: „Diesmal haben uns die Fans bis zum Ende unterstützt.“ Die Mannschaft hat zudem bis zum Schluss alles probiert, musste die Überlegenheit des Gegners an diesem Abend aber anerkennen.

1:9 Punkte aus den fünf Heimspielen seit Mitte Dezember haben aber konsternierte Fans hinterlassen, die vor der Partie zuversichtlich waren, dass eine Trendwende vor heimischer Kulisse gelingen wird. Einer von ihnen sah es pragmatisch: „27 Gegentore sind ja nicht so schlecht, aber 20 eigene sind unterirdisch. Vielleicht stehen wir in der Tabelle jetzt da, wo wir hingehören.“ Der HSC steht auf Platz 12, doch nach dem nächsten Heimspiel am Freitag, 14. April, gegen den VfL Lübeck-Schwartau droht sogar ein Abrutschen auf Platz 16. Am kommenden Donnerstag geht es für den HSC zum TV Hüttenberg.

Das Erfreulichste am Samstagabend waren noch die Ehrungen in der Halbzeitpause. Die C-Jugend und die B1-Jugend wurden für ihre bayerischen Meisterschaften geehrt, auch die B2-Jugend und die D-Jugend kamen zu Meisterehren. „Das war unser bestes Jahr in der Jugendarbeit in der Vereinshistorie“, sagte Vorstandssprecher Stefan Apfel stolz.

Die Statistik:

HSC 2000 Coburg: Apfel (3 Paraden), Jochens (5 Paraden) – Runarsson (3/1) , M. Jaeger (4), Dettenthaler, Bis, Fuß (2), Ossowski (2), Billek (1), Herzig (1), Krone (2/1), Knauer (3), Schäffer (1), F. Jaeger , Schröder (1)

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic (11 Paraden), Simonsen –  Reuland (4/2), Meuser (3), Senden (2), Klimpke, Zurga, I. Hüter (1), Reimer, Grgic (5), P. Hüter (1), Sterba (4), Schmidt, Seesing (5), Steinhaus (2)

Schiedsrichterinnen: Bley / Tarka

Zuschauer: 1802

Zeitstrafen: 2 (M. Jaeger, Schäffer)  – 3 (P. Hüter, Seesing, Steinhaus)

Siebenmeter: 2/3 (Krone scheitert an Juzbasic, trifft einmal, Runarsson trifft einmal) – 2/4 (Reuland und Reimer scheitern an Jochens, Reuland trifft zweimal)

Spielfilm: 2:2 (3.), 4:4 (6.), 5:4 (11.), 5:10 (22.), 7:11 (24.),  8:14 (30.), 9:15 (33.), 11:15 (34.), 13:16 (38.), 14:20 (42.), 17:23 (51.), 18:25 (58.), 20:27 (60.)

Beste Spieler: M. Jaeger, Knauer – Grgic, Seesing

Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.

Bericht vom Coburger Tageblatt

Bild von Svenja Stache