Im Drittliga-Derby des HSC Coburg II spielt der 18-jährige Nils Wendel gemeinsam mit seinem einstigen Jugend-Trainer Till Riehn. Der Michelauer macht in der A-Jugend-Bundesliga und nun auch bei den Männern auf sich aufmerksam.

Martin Röhrig war am Sonntag nach dem Spiel seiner Handballer in der 3. Liga Ost nicht nur wegen des erfolgreichen Auftritts im Keller-Duell ein glücklicher Trainer. Die 2. Mannschaft des HSC 2000 Coburg hatte den alten Rivalen HSC Bad Neustadt mit 26:23 niedergekämpft. Etwas daran gefiel ihm ganz besonders: „Total goldig!“ – so empfand der Coach die Konstellation, dass an diesem Tag mit Till Riehn und Nils Wendel der Lehrmeister und sein Schüler erstmals gemeinsam auf der Platte standen.

Riehn, 31-jähriger Rückraumspieler und Kapitän der Coburger Zweitliga-Mannschaft, war in der „Reserve“ spielberechtigt, da er vorher krankheitsbedingt bei zwei Spielen der ersten Garnitur gefehlt hatte. Daher bekam „die Aushilfe“ Gelegenheit, sich von den enormen Fortschritten seines inzwischen 18-jährigen Schützlings, den er als Nachwuchs-Trainer in der C-Jugend geschult hatte, Seit‘ an Seit‘ auf der Platte zu überzeugen. Der ist damit genauso so alt wie der Klub und möglicher Weise ein wichtiger Baustein für dessen Zukunft.

Die Art und Weise, wie das zwei Meter große Kraftpaket als Kreisspieler sich sowohl im Angriff in die Schlacht wirft als auch in der Abwehr energisch zupackt, beeindruckt nicht nur die Gegner. Auch der gelb-schwarze Anhang auf der Tribüne und nicht zuletzt der Trainerstab zeigen sich von den Leistungen des Nachwuchs-Talents begeistert. „Er ist einer unserer absoluten Perspektivspieler, der eines Tages den Sprung in die 1. Mannschaft schaffen kann und das ist auch das Ziel“, bestätigt Cheftrainer und Sportlicher Leiter Jan Gorr. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie er bereits mit Fähigkeiten im koordinativen Bereich und seiner Athletik positiv aufgefallen ist, als er damals zu uns kam.

Er bringt die physische Robustheit mit, die man als Kreisläufer haben muss, und er kann zudem mit seinen Fähigkeiten auch Abwehr Mitte spielen.“ Naturgemäß gebe es bei einem jungen Spieler auch noch einige Dinge zu verbessern, wie in seinem Fall Wurfverhalten und Wurf-Variabilität, doch seien die Fortschritte, die er erkennen lässt, äußerst positiv. „Was Nils mit Blick auf die Technik-Komponente in Windeseile aufgeholt hat, ist toll“, lobt Gorr und freut sich: „Äußerst wertvoll sind die Erfahrungswerte, die er auf hohem Niveau in der A-Jugend-Bundesliga und nun auch in der 3. Liga bei den Männern gewinnt. Dazu gehört beispielsweise auch das Zusammenspiel mit Till am vergangenen Sonntag.“

Nils Wendel war gleichermaßen überrascht wie erfreut von der unverhofften Ehre: „Ich hab‘ das vorher nicht gewusst. Ich war bereits in der Kabine gesessen und als er reingekommen ist, hab‘ ich gedacht, dass das ziemlich cool wäre, mit dem ehemaligen Trainer zusammen zu spielen und ihm live zu zeigen, was man gelernt hat. Obwohl wir vom Spielertyp her unterschiedlich sind, haben wir in der Abwehr gut harmoniert. Früher war ich der kleine Jüngling und heute begegne ich Till schon ein wenig auf Augenhöhe, das ist für mich schon etwas Besonderes.“

Der 18-Jährige ist dankbar, dass er nach seinem Wechsel vom Heimatverein TV Michelau in seinem zweiten C-Jugend-Jahr vom Trainer-Duo Riehn und Philipp Seitle beim HSC betreut wurde. „Till verlangt einerseits Korrektheit und Disziplin, kann aber andererseits auch sein Wissen und seine Erfahrung perfekt vermitteln und lässt den Spaß im Training nicht zu kurz kommen.“

Dass die Übungen sinnvoll waren, zeigt sich aktuell bei den Einsätzen des Schülers am Lichtenfelser Meranier-Gymnasium für die Coburger Handballer. Wenn er parallel in der A-Jugend-Bundesliga und der 2. Männermannschaft eingesetzt wird, kommt es für ihn im Extremfall zu einer sportlichen Sieben-Tage-Woche. „Die A-Jugend trainiert montags, dienstags, mittwochs und freitags, dann kommt bei Bedarf noch die Donnerstagseinheit der 2. Mannschaft dazu, am Samstag das A-Jugend-Spiel und am Sonntag das der zweiten Herren“, bilanziert das Talent.

Dass neben Handball und Schule – außer für Freundin Magdalena natürlich – kaum mehr Zeit für andere Dinge bleibt, nimmt Nils Wendel gerne in Kauf. „Ich will nach dem Abitur in Coburg Maschinenbau studieren und Profi-Handballer werden“, lautet seine klare Zielsetzung, der er alles unterordnet. Bis vergangene Saison haben ihn die Eltern noch regelmäßig im Rahmen einer Fahrgemeinschaft zu den Übungseinheiten chauffiert, inzwischen darf er selbst ans Steuer.

Wenn der Michelauer, wie bisher, von schwereren Verletzungen verschont bleibt („Neulich hatte ich mal einen Cut unterm rechten Auge, aber insgesamt kann ich mich nicht beschweren“), stehen ihm wohl viele Türen offen. Apropos Blessuren: Dass er am 3. Februar dieses Jahres im HSC-Spiel beim TV Germania Großsachsen sein Debüt in der 3. Liga geben durfte, hatte in erster Linie mit Personal-Knappheit zu tun. Da die Trainer Martin Röhrig und Ronny Göhl auf mehrere Stammspieler, wie Youngster Dominik Bühler oder die Routiniers Nikola Franke und Jonathan Rivera, verzichten mussten, ließen sie den Kreisläufer aus der A-Jugend nachrücken. Mit dem jüngsten Derby gegen Neustadt hat er inzwischen bereits vier Einsätze in der „Zweiten“ zu Buche stehen und dabei vier Tore erzielt.

Nils Wendel würde gerne auch in den nächsten Duellen von HSC II so oft wie möglich seinen Beitrag zum angepeilten Klassenerhalt leisten. „Ich hoffe, die lassen mich jetzt nicht mehr aus der Nummer raus“, lacht der 1,90 Meter große und 105 Kilogramm schwere Mann für die Zukunft bei den Vestestädtern und freut sich auf neue Entwicklungsschritte.

Bericht von Michael Döhler (Neue Presse Coburg)

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Bild von Iris Bilek