Handball-Bundesliga – Coburg kann am 18. „Geburtstag“ mit einem weiteren Erfolg Platz fünf festigen. Infekte haben zugeschlagen.

Hagen/Coburg – Unberechenbar – so ist der kommende Gegner des HSC 2000 Coburg wohl am ehesten zu beschreiben. Die sind am morgigen Samstagabend (Anwurf um 19.30 Uhr) zu Gast beim VfL Eintracht Hagen, die auf Tabellenplatz 13 inmitten eines Quartetts mit 20:30 Punkten keinesfalls nach diesem Platz beurteilt werden sollten. „Sie hatten im Saisonverlauf ein paar Schwankungen, zuletzt aber viele gute Ergebnisse erzielt und insgesamt einen positiven Trend“, weiß HSC-Coach Jan Gorr, der gewarnt ist und die Aufgabe als „äußerst kniffelig“ bezeichnet.

Noch kniffeliger wird es, wenn man weiß, unter welchen personellen Schwierigkeiten aufgrund von Infekten der Coburger Trainer unter der Woche arbeiten musste. Da hat wohl das kräftezehrende Spiel in Essen sein Übriges getan. „Das war wichtig für das Selbstvertrauen, denn in Essen gewinnt man nicht einfach so. Mit den jetzt erreichten 10:2 Punkten können wir zufrieden sein.“ Ist Gorr somit, dem jedoch die Nachwehen seit Wochenbeginn Kopfzerbrechen bereiten.

„Ich habe drei Trainingseinheiten abgesagt, damit sich die Spieler nicht noch untereinander anstecken.“ Der HSC-Coach ist also nicht zu beneiden, Till Riehn will es probieren, obwohl der Test in der zweiten Mannschaft vergangene Woche nicht so gut verlief wie gedacht. „Wir stehen wirklich vor einer ganz heiklen Situation. Ich hoffe zwar, dass der Infekt bei einigen bis Samstag abklingt, aber es besteht die Gefahr, dass ich auf Spieler verzichten muss.“ Besonders betroffen sind von dem Grippe-Infekt Benedikt Kellner, Florian Billek und Tobias Varvne. Das macht die Aufgabe nicht einfacher.

Denn der Gegner ist „gekommen um zu bleiben“, wie das Saisonziel bei der Eintracht nach dem dritten Aufstieg nach 1971 und 2015 ausgegeben wurde. Da sollten dem HSC-Nachlässigkeiten wie im Spiel gegen Essen nicht passieren. „Ja, wir müssen cooler und souveräner agieren“, betont auch Gorr, doch er sieht gerade auf der rechten Seite auch die hohe körperliche Belastung seiner Spieler, die kaum eine Verschnaufpause durch fehlende Alternativen haben.

Außerdem muss sich Coburg auf eine variable Spielweise des Gegners einstellen. „Wir müssen auch mal was Verrücktes machen“, hat VfL-Trainer Nils Pfannenschmidt schon nach dem Hinspiel geäußert. Damals hatte sein Team fast die gesamte zweite Halbzeit mit dem siebten Feldspieler agiert, nachdem sie schon mit zehn Toren in Rückstand lagen, und so die Coburger aus dem Tritt gebracht, die Partie ab der 35. Minute offen gestaltet.

Doch auch Varvne, Lex und Co. haben inzwischen mehr Optionen, mit den Aufgabenstellungen des Gegners umzugehen. Ein besonderes Augenmerk sollten die Coburger in der Abwehr auf den niederländischen Rückraumlinken Batosz Konitz oder Dragen Tubic auf der rechten Seite haben. Hinzu kommt eine gute Wurfgenauigkeit- und konzentration. Denn TW Tobias Mahncke ist schon mehrmals Turm in der Schlacht gewesen, wurde bereits vier Mal in das Team der Woche einer Handballfachzeitschrift berufen und ergänzt sich gut mit dem von Jan Gorr als „Ruhepol“ bezeichneten Dragan Jerkovic.

Geschenke hat Hagen nicht zu verteilen, auch wenn der HSC 2000 Coburg just am Spieltag seinen 18. Geburtstag feiern kann – es bleibt für den dann „volljährigen“ HSC also eine unberechenbare Aufgabe.

Die Akteure

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Oliver Krechel; Philipp Barsties, Markus Hagelin, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Dominic Kelm, Sebastian Weber, Stefan Lex, Benedikt Kellner (?), Florian Billek (?), Till Riehn, Jakob Knauer, Tobias Varvne (?), Romas Kirveliavicius. Trainer: Jan Gorr.

VfL Eintracht Hagen: Tobias Mahncke, Dragan Jerkovic; Sören Kress, Dragan Tubic, Tilman Pröhl, Sebastian Schneider, Jannis Fauteck, Julian Renninger, Bartosz Konitz, Jan König, Dominik Waldhof, Andreas Bornemann, Daniel Mestrum, Jan van Boenigk. Trainer: Nils Pfannenschmidt.

SR: Manuel Borchardt / Lukas Grude

Die Lage in der Liga

Sechs Spiele stehen am 26. Spieltag erst am Sonntag auf dem Programm. Eines davon ist das Verfolgerduell um Aufstiegsplatz Zwei, den derzeit die SG BBM Bietigheim (39:11 Punkte, zu Gast bei Eintracht Hildesheim) einnimmt. Dahinter rangiert der ASV Hamm-Westfalen. Die haben am Mittwoch Abend in einem Nachholspiel mit einem 27:25-Erfolg im Spitzenspiel beim Bergischen HC (bereits heute Abend beim Schlusslicht HG Saarlouis) dem Tabellenführer die zweite Saisonniederlage beigebracht und damit ihre Ansprüche auf Platz Zwei untermauert. Nun erwarten sie den Vierten VfL Lübeck-Schwartau, könnten sich mit einem Sieg vom Gegner auf vier Punkte absetzen.

In den Niederungen der Tabelle sorgt derzeit die HSG Konstanz für Furore. Mit 8:4 Punkten in der Rückrunde hat die Mannschaft vom Bodensee erstmals die Abstiegsränge verlassen, muss zur HSG Nordhorn-Lingen. Bereits seit sechs Spielen wartet der nächste Auswärtsgegner des HSC, der Dessau-Roßlauer HV nun auf ein Erfolgserlebnis, ist mit 0:12 Rückrundenpunkten Schlusslicht und will gegen den HC Rhein Vikings die Kehrtwende schaffen. Die Dessauer auf Rang zehn sind das Mittelfeld der Liga, auf Platz Neun sind es fünf Punkte, auf Platz elf vier Punkte Abstand. Alles davor kann sich zumindest noch vage Aufstiegshoffnungen machen, alles dahinter muss aufpassen, nicht in Abstiegsbedrängnis zu geraten.

Notizen am Rande

Top-Bilanz – Hagen ist nicht zu unterschätzen. Aus den sechs Spielen der Rückrunde holte der HSC-Gegner 10:4 Punkte. Sie gewannen bei Balingen-Weilstetten, siegten in eigener Halle gegen Emsdetten, Nordhorn-Lingen und Lübeck-Schwartau. Lediglich die Partien gegen die Top Zwei-Teams der Liga, Bietigheim und Bergischer HC gingen verloren.

Rekorde – Drei Mal sind Hagen und Coburg bisher aufeinandergetroffen, alle drei Partien hat Coburg mit einer Gesamttordifferenz von plus 31 gewonnen. Zudem ist der 40:25-Auswärtserfolg vom 5. September 2015 der höchste der Coburger in Liga Zwei und beim 27:18 im Hinspiel dieser Saison im September vergangenen Jahres kassierten sie so wenig Gegentore in eigener Halle wie sonst noch nie.

Volljährig – Am kommenden Spieltag feiert der HSC 2000 Coburg Geburtstag. Am 10. März 2000 fanden sich 17 Handballbegeisterte zusammen um aus den beteiligten vier Vereinen TS Coburg, TV 1848 Coburg, TV Ketschendorf und TV Coburg-Neuses den HSC 2000 Coburg-Neuses zu gründen. Das „Neuses“ fiel 2005 weg. Es war mit Alfred Geyer im Übrigen ein Neuseser, der den Wegfall des Vereinsnamens vorangetrieben hatte, die Satzungsänderung beantragte: „Bis 2005 war eine hervorragende Aufbauarbeit geleistet worden, der Anteil der ehemals Neuseser Spieler gesunken. Da das Ziel Bundesliga war, musste man nach vorne schauen und realitätsnah mit Vernunft und Zukunftsorientierung den richtigen Weg beschreiten.“ Das hat das „Geburtstagskind“ geschafft. Und schöner als der viel zu früh verstorbene Jürgen Walter im Jahr des Erstligaaufstiegs kann man es nicht ausdrücken: „Das Zusammenarbeiten von Handballfanatikern, eigentlich Handballverrückten, sowie Unterstützern und Mitstreitern aus Politik und Wirtschaft hat in Coburg dieses kleine Handballwunder innerhalb von 16 Jahren seit Vereinsgründung entstehen lassen. Dass unser eingebrachter Ehrgeiz und unser Durchhaltevermögen sich trotz Höhen und Tiefen nun mit diesem für Coburg einmaligen Erfolg bewahrheitet hat, empfinde ich immer noch als Wahnsinnsgefühl.“

Die 17 Gründungsmitglieder des HSC 2000 Coburg:

Norbert Kastner (Präsident), Jürgen Heeb (1. Vorsitzender – Vizepräsident), Michael Schlücke (2. Vorsitzender – Vizepräsident), Jürgen Walter (1. Spielleiter), Eberhard Fröbel (2. Spielleiter), Hermann Harrer (Justiziar), Wolfgang Schumann (Jugendleiter), Ralph Bilek (Schriftführer), Heinz Schuster (Schatzmeister), Holger Neumann (Revisor), Erich Bilek (Revisor), Werner Jerono (Pressesprecher), Alfred Geyer, Detlef Höhn, Hakan Balkan, Alex Reuter, Kai Bartlau.

Bericht von Ralph Bilek

Bilder von Henning Rosenbusch (http://www.henning-rosenbusch.de/)