Nach dem 30:29-Zittersieg über den TuS N-Lübbecke können die Coburger Zweitliga-Handballer mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause gehen, ehe am 10. November das Auswärtsspiel bei Aufsteiger Vinnhorst steigt. Auch Trainer und Geschäftsführer Jan Gorr wird nun erst einmal kräftig durchatmen.

Die 1719 Zuschauer in der HUK-COBURG arena kamen sich am Samstagabend in der Crunchtime wohl wie in einem schlechten Film vor. Denn die Storyline in der Schlussphase war beinahe identisch zur Vorwoche: Sechs Minuten vor Spielende schien der HSC das Spielgeschehen nach einem 6:0-Lauf komplett im Griff zu haben, führte bereits mit 29:24. Sieben Tage zuvor waren die Coburger gegen Hüttenberg mit 30:26 in Front gelegen. Und genau wie gegen die Mittelhessen (Endstand: 31:31) hatte der HSC auch gegen die Ostwestfalen akute Schwierigkeiten, das Spiel über die Runden zu bringen. Im Gegensatz zur Vorwoche bewiesen die Coburger mehr Traute, überspielten die offensive Gästedeckung und kamen zu freien Abschlüssen.

Doch weder Fynn Herzig, noch Arkadiusz Ossowski oder Jakob Knauer brachten den Ball vorbei an Routinier Nikolas Katsigiannis. War es die Aura des mittlerweile 41-jährigen Keepers oder einfach nur Pech? Unklar. Klar spielte hingegen der TuS auf der anderen Seite seine Angriffe aus und ließ die Coburger in der Deckung nur noch hinterherlaufen. Von 29:24 auf 29:29 in nicht einmal fünf Minuten. 80 Sekunden vor Ende schien sich aus HSC-Sicht mit einem weiteren Remis ein unliebsames Déjà-vu anzubahnen. Oder vielleicht noch Schlimmeres.

Denn im potenziell letzten Coburger Angriff fehlte der Zug, die Ideen, der Mut. Doch als der Arm der Unparteiischen nach oben ging, schaffte es Merlin Fuß mit letzter Kraft und etwas Glück doch noch, den Ball zum freien Florian Billek nach Rechtsaußen zu manövrieren. Und der 35-Jährige, der solche Situationen in seiner Karriere zur Genüge erlebt hat, versenkte den Ball unter Mithilfe der Unterkante der Latte ins Netz. 30:29 für den HSC.

Wenige Sekunden später parierte Kristian van der Merwe den letzten Wurf der Lübbecker und hielt den vierten Coburger Saisonsieg fest. Da musste auch der abgezockte Billek erst einmal durchpusten. „Ehrlich gesagt, bin ich gerade ziemlich leer. Da war alles drin. Wir haben das geil gemacht in der zweiten Halbzeit. Dann wurde es noch einmal eng, aber wir haben es noch gedreht. Ich bin einfach nur froh, dass es rum ist und wir zwei Punkte haben“, sagte der Rechtsaußen, der mit elf Toren (fünf Siebenmeter) und nur einem Fehlwurf überragte.

Überragend war das Spiel über die kompletten 60 Minuten von beiden Seiten nicht. Sowohl Coburg als auch N-Lübbecke leisteten sich phasenweise auffällig viele technische Fehler. Bis Mitte der ersten Halbzeit konnte sich keine Mannschaft auf mehr als ein Tor absetzen. Während die Gastgeber in der Deckung größtenteils gut arbeiteten, auch die schnelle Mitte der Ostwestfalen immer wieder unterbanden, stotterte der Angriffsmotor dagegen. Dem Coburger Spiel fehlten die Überraschungsmomente, die Außen und die Kreisläufer durften zunächst nur sporadisch am Spiel partizipieren. Als die Gäste dann aber doch auf drei Tore enteilt waren (21., 9:12), hatte Gorr zum ersten Mal Redebedarf. Coburg zeigte sich danach bis zur Halbzeitpause in der Deckung griffiger und generierte daraus einfache Tore im Tempogegenstoß. Mit einem 15:16 aus Coburger Sicht ging es in die Kabinen.

Die Voraussetzungen, das Spiel bereits zu Beginn des zweiten Durchgangs zu drehen, waren bestens: Kreisläufer Tin Kontrec und Mittelmann Fynn Hangstein kassierten innerhalb von 20 Sekunden jeweils Zwei-Minuten-Strafen. Doppelte Überzahl für den HSC. Doch von wegen Wende. Die Gäste überstanden diese Phase nicht nur, sondern bauten ihre Führung sogar noch um zwei Treffer auf 18:15 aus. Defizite in der Überzahl, die böse Erinnerungen an die Auswärtsniederlage in Dresden hervorriefen. Doch der TuS verpasstes es mehrmals, die Führung auf vier Tore auszubauen und wurde dafür letztlich bestraft.

Nach dem 17:20 (38.) und einer Aneinanderreihung von technischen Fehlern ging anscheinend ein Ruck durch das Coburger Team. Der HSC war nun für eine Viertelstunde fokussiert, erlaubte sich kaum Fehler und fand im Angriff eine gute Mischung aus Abschlüssen aus dem Rückraum, Kreis und den Außenpositionen.

Der Lohn: ein 12:4-Lauf bis zum ominösen 29:24-Zwischenstand. Woher kam die zwischenzeitliche Leistungsexplosion? „Es sind oft nur Kleinigkeiten, gar nicht so die handballerischen Sachen. Wir haben uns ein, zwei Bälle in der Deckung geholt, sind ins Tempospiel gekommen und waren plötzlich mit vier Toren weg. Von diesem Vorsprung konnten wir lange zehren. Aber dann müssen wir den Deckel natürlich früher draufmachen“, analysierte Billek am Dyn-Mikrofon.

TuS-Rückraumakteur Marek Nissen, der mit fünf Toren eine starke Partie ablieferte, war entsprechend bedient: „Es tut weh. Coburg war ein bisschen cleverer und hat den Sieg verdient. Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht, das liegt an uns.“

HSC 2000 Coburg: van der Merwe (11 Paraden), Apfel – M. Jaeger (2), Dettenthaler, Bis, Glatthard, Fuß (6), Obranovic, Ossowski (3), Billek (11/5), Herzig (4), Krone, Knauer (1), Valkovskis, Schäffer (3), F. Jaeger

TuS N-Lübbecke: Katsigiannis, Grabenstein – Genz (4), ten Velde (4), Ebner, Hangstein (5/3), Dräger (3), Kontrec (2), Mrakovcic (1), Wesseling (2), Nissen (5), Skroblien, Kloor (2), Süsser, Wieling (1)

Schiedsrichter: Darnel Jansen / Lucas Hellbusch

Zeitstrafen: 1 (Glatthard) – 6 (2 x Dräger, 2 x Kontrec, ten Velde, Hangstein)

Siebenmeter: 5/5 – 3/4 (Hangstein scheitert an van der Merwe)

Spielfilm: 1:2 (4.), 4:3 (9.), 6:7 (15.), 8:11 (19.), 11:13 (25.), 13:15 (28.), 15:16 – 16:19 (36.), 18:20 (40.), 21:21 (45.), 23:24 (49.), 27:24 (51.), 29:24 (54.), 29:27 (57.), 29:29 (59.), 30:29

Zuschauer: 1719

Beste Spieler: Billek, Fuß – Genz, Nissen

Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.

Bericht von Coburger Tageblatt

Bild von David Cooper