Der HSC Coburg schwimmt auf einer Erfolgswelle. Das Team von Trainer Jan Gorr findet auch in Stresssituationen spielerische Lösungen.

Die Zeiten, in denen der HSC 2000 Coburg “Brechstangen-Handball” in der HUK-Arena geboten hat und sich so zu dem einen oder anderen Sieg quälte, sind anscheinend vorbei. Derzeit schwimmendie “Gelben-Schwarzen” auf einer Euphoriewelle. Es wird wieder Handball gespielt, weniger gekämpft.

Und das Allerbeste aus Sicht der Coburg: Die Ergebnisse passen. Sechs Siege und ein Unentschieden. Platz 1 in der 2. Liga. Ganz nach dem Geschmack der treuen Fans. So kann’s und soll’s weitergehen.

Nicht geplant, aber erhofft

Genauso hatten sich die Macher – allen voran Stefan Apfel, Jochen Knauer, Matthias Dietz, Michael Häfner und Jan Gorr den Saisonstart erhofft. Planen konnten sie diese erste Erfolgsbilanz nicht, zu groß war der personelle Umbruch nach der Serie. Zu viele Fragezeichen.

Stichwort letzte Serie: 2017/2018 spielten die Vestestädter nicht schlecht, wurden immerhin Vierter. Doch der Spaß am Handball blieb im Laufe der Saison etwas auf der Strecke. Nicht nur bei dem einen oder anderen Spieler, auch bei den Funktionären und vor allem bei den Fans. Wie gesagt: Brechstangen-Handball eben!

Zu oft wollten Billek, Varvne oder die inzwischen anderswo auf Torejagd gehenden Jungs mit dem Kopf durch die Wand. Das samstägliche Abend-Event “HSC Coburg” verlor zunehmend an Anziehungskraft.

Wieder über 2000 Zuschauer?

Diesen verspielten Kredit holt sich das neu formierte Team derzeit aber eindrucksvoll zurück. Der Zuschauer-Zuspruch steigt wieder. Am Mittwoch sahen erstmals in dieser noch jungen Saison über 2000 Zuschauer ein HSC-Spiel live. 35:31-Sieg gegen Wilhelmshaven. 66 Tore in 60 Minuten – extrem hoher Unterhaltungswert. Jetzt muss Konstanz in die Leistungen.

Aus Sicht des HSC-Trainers sicher die eine oder andere “Kiste” zu viel, denn Jan Gorr war mit dem Abwehrverhalten seiner forschen Draufgänger nicht immer zufrieden. Am eigenen Kreis ist mehr Geduld gefragt. Doch Zeit zum Nachkarten hat er nicht. Gorr blickt nach vorne.

Am Samstagabend gibt Eintracht Hagen seine Visitenkarte ab. Und da soll sein Team wieder funktionieren – am besten vorne und hinten. Natürlich klappt erfolgreicher Handball ein Stückweit nur mit Beißen, Klammern, Halten und Stoßen. Kampf muss sein, eine gesunde Härte auch, sonst erbst du auf diesem Niveau keinen Blumentopf.

Keine Harakiri-Aktionen mehr

Doch die Harakiri-Aktionen, die den HSC letzte Saison öfters um den Lohn der Arbeit brachten, will Gorr nicht mehr sehen. Das sei nicht sein Handball. Er hat spielerische Lösungen einstudiert, die vor allem in Stresssituationen greifen sollen. Und davon gab es selbst in der bisher so souverän geführten Serie genügend. Viele Spiele stehen auf des Messers Schneide und werden durch Kleinigkeiten entschieden. Die Automatismen seien zwar noch lange nicht sattelfest und es ist “bei uns auch nicht alles Gold was glänzt”, aber handballerisch hätten seine Spieler entscheidende Phasen schon richtig gut gelöst. Darauf ist Gorr stolz.

Da wächst etwas zusammen

Der 40-jährige Hesse weiß, wie schnell es tabellarisch auch wieder in die andere Richtung gehen kann, doch auf die Euphoriebremse drückt er nicht. Im Gegenteil: “Wir haben viel Selbstvertrauen getankt. Es wächst etwas Gutes zusammen.” Nicht ausgeschlossen also, dass gegen Hagen der nächste Sieg gelingt. Ein Gegner, der sich “still und heimlich und sehr routiniert” (O-Ton Gorr) entwickelt habe. Hagen sei in der Breite gut aufgestellt und hat mit Sören Kress einen torgefährlichen Mittelmann, der als Dreh- und Angelpunkt jedes Zweitliga-Team vor schwierige Aufgaben stellen kann. Dazu kommt mit Tobias Mahncke und Nils Dresrüsse ein überdurchschnittliches, erstliga-erfahrenes Torsteher-Duo und mit dem Ex-Gummersbacher Jan-Lars Gaubatz ein wurfgewaltiger Linkshänder im rechten Rückraum. Der Pole Bartosz Konitz verfügt zudem über jede Menge internationale Erfahrung und muss erst einmal ausgeschaltet werden.

Notfalls mit der ungeliebten Brechstange, denn mit spielerischen Qualitäten allein, werden Hagelin, Neuhold & Co. ihre hohen Ziele nicht erreichen.

Bericht von Christoph Böger (Coburger Tageblatt)
Bild von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)