HSC ließ sich auch von einem 0:5-Lauf nicht beeindrucken und hält beim Meister lange dagegen. Der Bergische HC spielt eine starke zweite Halbzeit. Fans bruzzeln Bratwürste für die Mannschaft.

Wenn diese Zeilen aktuell am heutigen Montag gelesen werden, ist es auf den Tag genau zwei Jahre her, dass der HSC 2000 Coburg mit dem Erstligaaufstieg seinen bislang größten Vereinserfolg feiern konnte. Von einer Wiederholung war die Mannschaft von Jan Gorr in der am Samstag zu Ende gegangenen Saison aus vielerlei Gründen weit entfernt. Doch 25 Minuten waren die Coburger im abschließenden Saisonspiel beim schon lange als Meister feststehenden Bergischen HC auf Augenhöhe, ehe deren individuelle Klasse zum erwarteten 32:27-Ausgang führte. „Sie haben es dann immer wieder schnell von hinten heraus gespielt. Das ist eine Spielidee, die wir in der kommenden Saison verfolgen. Das hat der BHC heute mit ganz viel Präzision geschafft“, fand Coburgs Coach Jan Gorr einen Grund dafür, warum sein Team nach der Pause nicht mehr in Schlagweite kam. Doch der HSC ging erhobenen Hauptes aus dieser Saison. Die Fans überraschten alle mitgereisten und vor allem die Mannschaft nach der Partie. Wie in alten Neuseser Zeiten war ein Grill aufgebaut, auf dem Coburger Bratwürste bruzzelten und der schnell von Hungrigen umringt war. Eine rechte Stärkung vor der Heimreise.

„Ich habe wieder mehr Alternativen“. Jan Gorr zeigte sich erfreut darüber, dass seine rechte Seite wieder Zuwachs bekommen hatte. Die war durch das Fehlen von Lukas Wucherpfennig und Stefan Lex in den letzten Partien doch sehr ausgedünnt, beide waren diesmal wieder einsatzfähig. Auch Oliver Krechel wollte es in seinem letzten Spiel für den HSC noch einmal wissen und wählte das rote Torwarttrikot. „Rot heißt Stop“, begründete er seine Wahl. Unter den Augen von Uwe Schwenker, dem Präsidenten des Ligaverbandes der Handball-Bundesliga (HBL) und dessen Geschäftsführer Frank Bohmann ging es für die beiden Absteiger des letzten Jahres ins Saisonfinale. Schwenker ehrte kurz vor dem Anpfiff Linus Arnesson als MVP der zweiten Liga und nach der Partie den Bergischen HC als Meister mit den Worten: „Nie mehr zweite Liga für Euch“. Er stellte die „souveräne Richtigstellung des Betriebsunfalls Abstieg aus dem letzten Jahr“ heraus.

Der HSC stellte den Meister, vor allem mit seinem schnellen Spiel nach vorne, vor einige Probleme, spielte auch in der Deckung sehr variabel, so dass es meist Einzelaktionen waren, auf die sich der BHC verlassen konnte. Nach gerade einmal elf Minuten und einem Drei-Tore-Rückstand hatte auch deren Trainer Sebastian Hinze erkannt, dass sein Team neue Impulse im Angriff brauchte, nahm in einer Auszeit eine Feinjustierung vor, brachte den MVP anstelle von Bettin. Dies fruchtete, auch weil Coburg seine Chancen vorne nicht mehr so konsequent nutzte, Fehlabgaben „einstreute“ und damit dem Gegner natürlich in dessen „Konterkarten“ spielte. Aus einer Drei-Tore-Führung wurde durch einen 0:5-Lauf ein Rückstand, der nun Jan Gorr zur Auszeit veranlasste.

Der Bergische HC agierte in der Abwehr offensiver, aber mit viel Laufarbeit fand Coburg jetzt wieder das richtige Mittel dagegen und der wechselvolle Spielverlauf setzte sich fort. Denn sechs Minuten vor dem Pausenpfiff war es der HSC, der die Nase wieder vorne hatte. Allerdings blieben sie dann bis zum Wechsel ohne weiteren eigenen Torerfolg, weil nicht die spielerischen Lösungen wie zuvor gesucht wurden, sondern ab und an auch zu überhastet abgeschlossen wurde.

Beide Teams ließen in der ersten Minute nach der Pause jeweils eine klare Chance liegen, aber die Gastgeber wirkten jetzt dynamischer als noch im ersten Durchgang. Allerdings hatte Coburg auch Pech. Denn ein Innenpfostentreffer von Till Riehn führte zum direkten Gegenzug und ersten Führung mit vier Toren für die Gastgeber. Der Wurf sprang vom Innenpfosten ins Tor. So lagen Glück und Pech nah beieinander. Coburg hatte deutlich Probleme im Spielaufbau gegen die nun noch offensiver, fast auf neun Meter verteidigende Gästeabwehr. Auch im Angriff zauberte der Meister, der seine individuelle Klasse nun auch ausspielte, phasenweise, gegen eine Coburger Abwehr, nicht mehr so ganz auf der Höhe des Geschehens war wie in der ersten Halbzeit, die auf einem sehr hohen Niveau von beiden Teams stand.

Der HSC konnte jetzt nur noch bedingt Schritt halten, gab sich aber keineswegs geschlagen, kassierte aber viel zu viele einfache Tore. Der BHC hatte zudem in strittigen Situationen einen kleinen Meisterbonus, war nach der Pause auch einfach zielstrebiger, deutlich effektiver, wacher und konzentrierter. Coburg machte es ihnen in der Abwehr jetzt über weite Strecken zu einfach. Es war auffällig – die tolle erste Halbzeit hatte Kraft gekostet.

Was nun folgt ist ein Umbruch mit sieben neuen Spielern in einer zweiten Liga, die vermutlich die interessanteste seit Einführung der Eingleisigkeit wird, da zahlreiche Teams Ambitionen nach oben haben und drei der vier Aufsteiger auch auf eine Erstligazugehörigkeit verweisen können, Hamburg und Großwallstadt sogar mit internationalen Titeln.

Stimmen

HSC-Trainer Jan Gorr: „Wenn man sieht, wie herausragend der BHC in dieser Saison gespielt hat, hat er sich den Titel und den Aufstieg mehr als verdient. Auch heute gegen uns hat er gerade nach der Pause noch einmal seine individuelle Klasse unter Beweis gestellt. In Schnelligkeit und Physis ist das eben eine andere Liga, das haben sie dann gnadenlos ausgenutzt.

HSC-TW Oliver Krechel: „Wir kommen sehr gut ins Spiel, führen mit drei Toren. Dann nimmt der BHC eine Auszeit und plötzlich werden wir überlaufen, weil wir vorne schnelle Abschlüsse machen. Am Ende fehlt uns dann auch einfach die Kraft. Leider geht meine Zeit hier in Coburg mit der Niederlage zu Ende, aber man muss auch anerkennen, dass der BHC heute die bessere Mannschaft war, gegen uns noch einmal gezeigt hat, warum sie souverän Meister geworden sind.“

Statistik

Bergischer HC – HSC 2000 Coburg 32:27 (13:11).

HSC 2000 Coburg: Tim Titze, Patryk Foluszny (n.e.), Oliver Krechel; Markus Hagelin (1), Lukas Wucherpfennig (1), Felix Sproß (5), Sebastian Weber (2), Stefan Lex (3), Benedikt Kellner, Florian Billek (4/1), Till Riehn (1), Jakob Knauer (2), Tobias Varvne (5), Romas Kirveliavicius (3). Trainer: Jan Gorr.

Bergischer HC: Christopher Rudeck, Bastian Rutschmann; Maximilian-Leon Bettin (3), Max Darj (6), Jonas Dell (1), Arnor Thor Gunnarsson (8/3), Maciej Majdzinski (1), Milan Kotrc, Jan Artmann (2), Tomas Babak (2), Csaba Szücs (3), Linus Arnesson (1), Bogdan Andre Criciotoiu (5). – Trainer: Sebastian Hinze.

SR: Piper, Raphael | Otto, Jannik

Spielfilm: 1:2 (4.), 1:3 (5.), 4:4 (7.), 4:7 (11.), 6:7 (15.), 9:7 (18.), 10:8 (21.), 10:10 (22.), 10:11 (24.), 12:11 (29.), 13:11 – 14:11 (32.), 15:12 (35.), 17:13 (37.), 19:14 (40.), 22:16 (43.), 24:19 (47.), 28:22 (52.), 29:23 (54.), 30:24 (56.), 32:27.

Zuschauer: 2.432 in der UNI-Halle Wuppertal

Siebenmeter: 3/3 – 1/1

Strafminuten: 4 (Kirveliavicius, Hagelin) – 4 (Szücs, Dell)

Beste Spieler: Varvne, Sproß – Gunnarsson, Darj

Bericht von Ralph Bilek (Coburger Tageblatt)
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)