Der HSC 2000 Coburg dominiert das vorerst letzte Zweitliga-Derby bei den Wölfen Würzburg. Den Grundstein zum 33:24-Auswärtserfolg legt Torwart Jan Jochens mit einer herausragenden ersten Halbzeit.

In allen erdenklichen Kategorien waren die Coburger Handballer am Samstagabend den Würzburger Gastgebern überlegen. HSC-Maskottchen Vestus war weitaus engagierter als sein Pendant Lupo, die gut 200 mitgereisten Coburger Schlachtenbummler waren fast über die gesamte Spieldauer lauter als die lediglich 600 Heimfans und die HSC-Mannschaft war auf der Platte eine Klasse stärker als die Würzburger (Noch)-Zweitliga-Handballer.

Was dabei rauskommt? Der höchste Coburger Sieg in der Geschichte des Derby-Klassikers. Und mit den neun Toren Differenz waren die Wölfe letztlich sogar noch gut bedient. Während die Unterfranken sich Fehler über Fehler erlaubten und kaum ein Mittel gegen das HSC-Bollwerk um Torhüter Jan Jochens fanden, setzten die Oberfranken ihren Aufwärtstrend der vergangenen Wochen fort und feierten einen nie gefährdeten Derbysieg.

Die brenzligste Situation aus Sicht der Gäste ereignete sich kurz vor der Halbzeitpause. Vestus setzte angesichts einer beruhigenden 14:8-Führung in einer Auszeit euphorisch zum Purzelbaum auf Höhe des Mittelkreises an. Das HSC-Maskottchen verlor dabei einen Schuh und fast seinen Kopf. Letzteres galt für das HSC-Team zu keinem Zeitpunkt des einseitigen Nachbarduells. Das lag einerseits an der neu gewonnenen Stabilität der Truppe von Jan Gorr, andererseits aber auch an den Unzulänglichkeiten der bereits als Absteiger feststehenden Wölfe. Nachdem es die Würzburger in den zurückliegenden drei Partien schafften, ihre Kontrahenten in wilde Shoot-outs zu verwickeln (jeweils insgesamt über 70 Tore), agierten sie diesmal an beiden Enden des Feldes nicht wie ein Zweitligist.

Die Coburger erwischten einen Start nach Maß. Fynn Herzig gelang nach 90 Sekunden der erste Treffer aus dem Rückraum, Andi Schröder legte das zweite Tor hinterher, dass er zuvor mit einem Ballgewinn selbst eingeleitet hatte. Nach der 3:1-Führung der Gäste hatte Max Jaeger im Gegenstoß die Chance, früh für klare Verhältnisse zu sorgen, scheiterte aber an Andreas Wieser. Weder Wieser, noch Würzburgs zweiter Keeper, Jonas Maier, hatten allerdings nur annähernd so viel Einfluss auf die Partie wie HSC-Torhüter Jan Jochens. Bereits Mitte der ersten Halbzeit hatte der 22-Jährige acht Paraden auf der Habenseite.

Am Ende sollten es 14 Rettungstaten bei starken 42 Prozent Fangquote sein. Jochens bugsierte sein Team mit seinen Paraden auch durch die einzige Coburger Schwächephase der Partie. Nach dem 2:5 (9.) leistete sich der HSC fünf unkonzentrierte Minuten, die die Wölfe zum ersten und letzten Ausgleich der Partie (14.) ausnutzten.

Da wurde es auch Jan Gorr zwischenzeitlich zu bunt. Der Coburger Trainer schärfte in einer Auszeit die Sinne seiner Mannen, die die Gastgeber nun mit deren eigenen Stärken bezwangen: Jan Schäffer war zweimal am Kreis erfolgreich. In der Abwehr gelang es den Gästen dagegen meist, die zahlreichen Kreisanspiele der Wölfe zu unterbinden. Oliver Seidler, der zu den 20 besten Torschützen der Liga gehört, wurde weite Teile der Begegnung vom HSC-Innenblock abgemeldet. Coburg antwortete auf den 3:0-Lauf der Hausherren mit einer eigenen 4:0-Serie. Die Resilienz der Unterfranken, die Benedikt Brielmeier mit einem sehenswerten Durchbruch zum 8:10 (24.) andeutete, war dann aber ganz schnell verflogen.

Auflösungserscheinungen machten sich bei Würzburg breit. Das Team von Coach Julian Thomann warf die Bälle nun reihenweise weg und lud die Coburger „Außen“ Flo Billek und Max Jaeger zu Pflichtübungen im Tempogegenstoß ein. Binnen drei Minuten zogen die Gäste auf 16:8 (27.) davon, die Partie war damit quasi entschieden. Die Berufsoptimisten und „Älteren“ unter den Heimfans hatten möglicherweise noch das Heimspiel der Drittliga-Saison 2011/12 im Hinterkopf, als die Rimparer damals 9:16 zurückgelegen hatten und letztlich noch 24:22 gewannen. Doch diesmal waren die Qualitätsunterschiede schlichtweg zu eklatant.

Entschieden war beim Halbzeitstand von 17:11 aus Coburger Sicht noch nichts, doch die Wölfe hätten für ein mögliches Comeback schon mit einem deutlich veränderten Gesicht aus der Kabine der altehrwürdigen Würzburger Turnhölle kommen müssen. Und das taten sie nicht. Würzburg präsentierte sich weiter fehleranfällig, Coburg weiter kompromisslos im Angriff und nicht zuletzt wegen Jochens stabil in der Abwehr. Herzig, der sich stark präsentierte, stellte in der 38. Minute erstmals auf „zweistellig“ (14:24). Gorr konnte in der Folge munter durchwechseln und sich bis auf eine Szene, bei der er gegen eine Schrittfehler-Entscheidung gegen Arkadiusz Ossowski heftig protestierte, relativ entspannt zurücklehnen.

Die einzige Frage, die bis zur 60. Minute offen blieb: Gelingt dem HSC der höchste Sieg der Derby-Historie (zuvor: 28:20)? Ja. Denn obwohl die Oberfranken noch beste Gelegenheiten ausließen, unter anderem wurden alle drei Siebenmeter vergeben, stand am Ende ein hochverdienter 33:24-Sieg auf der Anzeigetafel.

Wölfe Würzburg: Wieser (4 Paraden), Maier (1 Parade) – Krenz, Schömig (2), Böhm (3), Karle, Neagu (1), Schmidt (2/2), Kaufmann (1), Dürr (1), Hack, Geis (2), Brielmeier (2), Rose (2), Seidler (6), Franke (2)

HSC 2000 Coburg: Jochens (14 Paraden), Van der Merwe, Apfel (3 Paraden) – Runarsson (1), M. Jaeger (5), Dettenthaler (1), Bis (2), Fuß (1), Ossowski, Billek (5), Herzig (7), Krone (1), Knauer (2), Schäffer (3), F. Jaeger (2), Schröder (3)

Schiedsrichter: Kolb / Kauth

Zuschauer: 802

Zeitstrafen: 3 (Neagu, Brielmeier, Franke) – 2 (F. Jaeger, Bis)

Siebenmeter: 2/3 (Schömig scheitert an Jochens) – 0/3 (Billek scheitert an Maier und Latte, Krone scheitert an Wieser)

Spielfilm: 0:2 (3.), 2:5 (9.), 4:5 (11.), 5:9 (20.), 8:11 (25.), 8:16 (27.), 11:17 – 13:21 (34.), 14:24 (38.), 17:25 (46.), 20:30 (51.), 24:32 (57.), 24:33

Beste Spieler: Seidler – Herzig, Schröder, Jochens

Den gesamten Bericht findet ihr bei unserem Medienparter dem Coburger Tageblatt.

Bericht von Coburger Tageblatt

Bild von Iris Bilek