TuS Ferndorf

Innerhalb des 1888 gegründeten Turn- und Sportvereins Ferndorf stellen die Handballer die bedeutendste Abteilung. Die ersten Erfolge reichen bis in die Ära des Feldhandballs zurück. 1970 wurde der TuS Westdeutscher Meister und stieg damit in die 1. Bundesliga auf. Allerdings belegten die Westfalen am Ende mit nur sieben Punkten aus vierzehn Spielen den letzten Platz der Nordstaffel und stiegen damit umgehend wieder ab. Auf erste Erfolge in der Halle musste man allerdings einige Jahre warten. 1998 stiegen die „Gallier“ aus dem Siegerland erstmals in die Regionalliga auf, wo man sich zunächst zwei Jahre lang hielt. 2008 kehrte der TuS erneut in die Regionalliga zurück, wo ihm in der Saison 2010/11 erstmals der Meistertitel gelang. Zwar verzichtete man in jenem Jahr aus finanziellen Gründen noch auf den Aufstieg in die 2. Bundesliga, holte dies aber zwölf Monate später mit dem erneuten Meistertitel nach. Allerdings konnte der TuS damals die Klasse nicht halten, kehrte aber 2015 wieder zurück. Dem erneuten Abstieg 2017 folgte eine überaus souveräne Drittliga-Saison. Erst am letzten Spieltag gab man beim 18:18-Unentschieden gegen die SG Schalksmühle-Halver den einzigen Punkt im gesamten Saisonverlauf ab.

Die richtige Mischung gefunden  

Den Abstieg hatte man beim TuS vor einem Jahr für einen personellen Neuanfang genutzt. Nicht weniger als zehn Spieler verließen den Verein. Doch der Umbruch glückte, denn die Ferndorfer Macher bewiesen ein mehr als glückliches Händchen bei der Zusammenstellung des neuen Kaders. „Die Trainer haben ein Team mit routinierten Spitzenkräften und vielen eigenen jungen Leuten geformt, das extrem beieinander ist. Der großartige Teamgeist ist das Erfolgsrezept“, konnte der Sportliche Leiter Mirza Sjaric nach der feststehenden Rückkehr in die 2. Bundesliga zufrieden konstatieren und auch Geschäftsführer Dirk Stegner konnte dem Drittliga-Intermezzo letztlich nur Positives abgewinnen: „Es war kein verlorenes Jahr.“ Die Aufstiegshelden, da war man sich beim TuS absolut einig, sollten auch in der neuen Liga das Grundgerüst des Kaders bilden. Aber man hatte auch aus den Erfahrungen der früheren Zweitligazeiten gelernt und die Mannschaft in der Breite und auch qualitativ nochmals verstärkt. Den lediglich zwei Abgängen standen fünf externe Neuverpflichtungen und ein Nachrücker aus dem eigenen Nachwuchs gegenüber. Alle Positionen sind nunmehr doppelt oder dreifach besetzt. Zwischen den Pfosten vertraut man beim TuS auch in der neuen Spielklasse aus das bewährte Duo der letzten Jahre. Lucas Puhl stammt aus der Nachwuchsschmiede des VfL Gummersbach und kann auch auf einige Einsätze in der 1. Liga verweisen. Kollege Kai Rottschäffer trägt bereits seit 2006 das Trikot des TuS Ferndorf. Mit dem vom Drittligisten TuS Dansenberg zu seinem Heimatverein zurückgekehrten Junioren-Nationalspieler Tim Hottgenroth steht zudem ein weiteres großes Talent in den Startlöchern. Sehr viel Qualität findet man auch im Ferndorfer Rückraum. Mit dem in der Jugend des TV Hüttenberg groß gewordenen Jonas Faulenbach verfügen die Kreuztaler auf der Königsposition über einen zuverlässigen Torgaranten. Sein Pendant im linken Rückraum ist seit dieser Saison der ebenfalls aus Mittelhessen stammende Jonas Müller. Der 23jährige ehemalige Junioren-Nationalspieler war im letzten Jahr durch seine starken Leistungen beim Drittligisten HSG Nieder-Roden in den Fokus höherklassiger Vereine geraten. Auf der Spielmacher-Position setzt der Aufsteiger weiterhin auf die Erfahrung des 32jährige Kroaten Marijan Bašic, der sich die Spielanteile mit Eigengewächs Julian Schneider sowie Neuzugang Julius Lindskog Andersson teilt. Der Schwede kam im Sommer vom Zweitliga-Absteiger HG Saarlouis. Das Gespann im rechten Rückraum bilden Eigengewächs Lucas Schneider, der aktuell aber noch verletzt fehlt, sowie Jan Wörner. Der 24jährige spielte in den beiden letzten Jahren für den TV Hüttenberg.

Die Nummer 1 auf der linken Außenbahn ist Moritz Barwitzki, der 2015 vom Bergischen HC nach Ferndorf kam. Unterstützt wird er vom Magnus Neitsch, der 2017 aus der Handball-Akademie des VfL Gummersbach den Weg ins Nordsiegerland gefunden hatte. Auf Rechtsaußen spielt Neuzugang Lukas Zerbe bislang eine derart überzeugende Saison, dass er schon nach dieser Spielzeit wieder zu seinem Stammverein und Erstligisten TBV Lemgo-Lippe zurückkehren wird. Hohen Ansprüchen genügt ohne Zweifel auch das Kreisläufer-Trio des TuS Ferndorf. Das erst 20jährige Eigengewächs Mattis Michel gewann im letzten Sommer mit der deutschen Auswahl Bronze bei der U20-EM in Slowenien. Thomas Rink stammt aus der Bundesliga-Jugend von TuSEM Essen und der abwehrstarke Kroate Branimir Koloper verfügt über Erstliga-Erfahrung beim ThSV Eisenach.

Von Beginn an für Aufsehen gesorgt    

Angesichts dieses Kaders sah man sich beim Aufsteiger zwar gut gerüstet für die angesichts von fünf Absteigern besonders schwere „Mission Klassenerhalt“. Doch wie die Saison bisher verlaufen ist, hatten wohl selbst die allergrößten Optimisten beim TuS nicht erwartet. Nach dem Auftakt-Remis bei Mitaufsteiger TV Großwallstadt setzten die Siegerländer mit dem 27:17-Heimerfolg gegen den hoch gehandelten VfL Lübeck-Schwartau ein erstes ganz dickes Ausrufezeichen, dem dann mit den Siegen in Hamburg und zu Hause gegen Hamm weitere Paukenschläge folgten. Und auch in den folgenden Wochen präsentierte sich der Aufsteiger mit einer bemerkenswerten Stabilität. Beeindruckend war vor allem die Heimstärke des TuS, der in der Hinrunde auch weitere hochgehandelte Teams wie den ASV Hamm-Westfalen, die HSG Nordhorn-Lingen oder den TuS N-Lübbecke ohne Punkte wieder nach Hause schickte. Doch dann brachen Eintracht Hagen und der TV Großwallstadt in den beiden letzten Punktspielen des Kalenderjahres 2018 den Ferndorfer Heimnimbus. Dennoch beendete der Aufsteiger die Hinrunde auf einem sensationellen 4. Platz. Und das Jahr 2019 begann gleich mit den nächsten Paukenschlägen, als man zunächst beim heimstarken VfL Lübeck-Schwartau und dann auch vor 3754 Zuschauern in der Gummersbacher Schwalbe Arena gegen den HSV Hamburg gewann. Eine kleine Schwächephase – aus den folgenden acht Spielen holte man nur drei Punkte – ließ den TuS zwischenzeitlich bis auf Platz 9 abrutschen. Mit drei Siegen aus den letzten vier Spielen zeigt die aktuelle Erfolgskurve des Aufsteigers jedoch wieder deutlich nach oben.

Bericht von Gerd Nußpickel