EHV Aue

Der Handballsport hat in Aue eine lange und überaus erfolgreiche Tradition, die bis in das Jahr 1926 zurückreicht. In den siebziger und achtziger Jahren spielte die damalige BSG Wismut Aue fast ausnahmslos in der höchsten Spielklasse der ehemaligen DDR. Der größte Erfolg war dabei ein dritter Platz in der Saison 1976/77. Meist jedoch stand man im Schatten der sportlich wie finanziell großzügig geförderten Sportklubs aus Magdeburg, Berlin, Leipzig oder Rostock. Seit 1990 führt nun der Erzgebirgische Handballverein (EHV) Aue die Traditionen weiter. Nach einem einjährigen Intermezzo in der 1. Bundesliga spielen die Erzgebirgler nunmehr seit der Saison 1992/93 fast ununterbrochen in der 2. Bundesliga. Diese Bilanz ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass sich der EHV Aue in einer wirtschaftlich eher überschaubaren Region im Hinblick auf Zuschauer- und Sponsoreninteresse dann auch noch der übermächtigen Konkurrenz aus dem Fußball – Lager erwehren muss. Lediglich die direkte Qualifikation für die eingleisige 2. Bundesliga gelang dem EHV Aue nicht; diesen kleinen Betriebsunfall konnte man jedoch ein Jahr später mit dem Umweg über Liga 3 sofort wieder reparieren. Aktuell spielt das Team aus dem Erzgebirge damit bereits seine 27. Saison in der 2. Bundesliga.

Starker Kader, aber viele Verletzte   

Vor dieser Saison gab es einige Bewegung im Kader des EHV. Insgesamt neun Spieler, darunter auch Leistungsträger der letzten Jahre, verließen den Verein oder rückten in die 2. Mannschaft. Dem stehen vier externe Neuzugänge und ein Aufrücker aus dem eigenen Nachwuchs gegenüber. Manager Rüdiger Jurke zeigte sich aber insgesamt zufrieden mit dem Kader: „Wir haben alle Positionen doppelt besetzt und sind gut aufgestellt.“ Im Tor erhält Eigengewächs Eric Töpfer, der zuletzt allerdings wegen einer Knieverletzung fehlte, seit dieser Saison Unterstützung von Vilius Rasimas. Der litauische Nationaltorhüter spielte bereits in Polen und Frankreich. Zudem steht im Bedarfsfall auch immer noch der bereits 45jährige Radek Musil, der auch als Co – Trainer fungiert, zur Verfügung.

Dreh – und Angelpunkt des Auer Spiels ist nach wie vor Kapitän Eric Meinhard, der nach dieser Saison seine Laufbahn beenden wird. Auch der litauische Spielmacher Benas Petreikis konnte im bisherigen Saisonverlauf überzeugen. Auf den beiden Halbpositionen mussten die Erzgebirgler dagegen immer wieder mit großen Verletzungsproblemen kämpfen. So war Mindaugas Dumcius, ein weiterer litauischer Nationalspieler, lange Zeit Alleinunterhalter im rechten Rückraum. Rückkehrer Ladislav Brykner, der bereits von 2012 bis 2016 das Auer Trikot trug und zuletzt für den HSV Bad Blankenburg spielte, gab jedoch am vergangenen Wochenende nach Verletzung sein Comeback. Weiterhin verzichten muss der EHV Aue dagegen im linken Rückraum auf den lettischen Neuzugang Austris Tuminskis sowie Youngster Nico Schneider, der sich nach seinem Mittelfußbruch im Aufbautraining befindet. Somit liegt die Verantwortung auf dieser Position gegenwärtig vor allem beim abwehrstarken niederländischen Nationalspieler Jort Neuteboom und bei Eigengewächs Franz Schauer. Nach wie vor im Krankenstand ist auch Allrounder Sebastian Paraschiv, der sowohl auf Linksaußen als auch im zentralen Rückraum eingesetzt werden kann. Das 22jährige Eigengewächs hatte sich gleich zu Saisonbeginn einen Kreuzbandriss zugezogen. So ist Youngster Pascal Ebert auf dem linken Flügel zur Zeit weitestgehend auf sich alleine gestellt. Das Gespann auf Rechtsaußen bilden der Slowake Jan Faith, immerhin bereits seit 2011 beim EHV und seither ein Muster an Zuverlässigkeit, sowie der 22jährige Sebastian Naumann, der schon auf Einsätze im Erstliga – Team des SC DHfK Leipzig verweisen kann. Traditionell gut aufgestellt sind die Auer am Kreis, wo Kevin Roch und Bengt Bornholm bislang zu überzeugen wussten. Pech hatte dagegen Neuzugang Kevin Lux, der im Herbst ebenfalls durch einen Kreuzbandriss außer Gefecht gesetzt wurde. Als Ersatz verpflichteten die Erzgebirgler inzwischen den 26jährigen tschechischen Nationalspieler und Abwehrspezialisten Petr Slachta.

Allen Widrigkeiten bislang erfolgreich getrotzt

Bezüglich des Saisonziels gab man sich angesichts der Stärke und Ausgeglichenheit der Liga und der Tatsache, dass es diesmal fünf Absteiger geben wird, beim EHV Aue keinerlei Illusionen hin. Der Klassenerhalt käme für Trainer Stephan Swat, „einem Platz in der Champions League gleich“.  Und es dauerte in der Tat ein wenig, bis die Erzgebirgler ihren Rhythmus gefunden hatten. Nach einem ordentlichen Saisonstart mit 4:2 Punkten und anschließend fünf Niederlagen in Folge fand man sich nach sieben Spieltagen erst einmal in bedrohlicher Nähe der Abstiegsplätz wieder. Doch mit einer bemerkenswerten Serie von 13:5 Punkten aus den nächsten neun Spielen kämpften sich die Sachsen trotz besagter Verletzungsmisere wieder in ruhigere Tabellenregionen zurück. Insbesondere gegen die direkten Mitkonkurrenten gegen den Abstieg leistete sich der EHV nur wenige Ausrutscher. Das Kalenderjahr 2018 beendete man schließlich auf einem bemerkenswerten 11. Rang. Und auch nach der WM – Pause machten die Sachsen gleich da weiter, wo sie zuvor aufgehört hatten. Zunächst gab es ein Remis in Dormagen und am letzten Samstag besiegte der EHV den Wilhelmshavener HV verdient mit 26:23. Das bedeutet aktuell Tabellenplatz 10 und bereits sechs Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz. Und vielleicht wird der wegen seiner Heimstärke gefürchtete EHV Aue sogar auch noch in Sachen Aufstieg zu einem Zünglein an der Waage. Denn immerhin müssen noch der TUSEM Essen, der HBW Balingen – Weilstetten, die HSG Nordhorn – Lingen und der TuS N – Lübbecke im Hexenkessel Erzgebirgshalle Farbe bekennen.

Bericht von Gerd Nußpickel