In Coburg längst heimisch geworden

Florian Billek trägt seit 2014 das Trikot des HSC 2000 Coburg. Dort avancierte der der für seine emotionale Spielweise bekannte Rechtsaußen, dessen aktueller Vertrag bis 2021 läuft, sogar zum Nationalspieler.

Es geht immer ein Raunen durch die er HUK – COBURG arena, wenn sich Publikumsliebling Florian Billek auf den Weg zu einem seiner gefürchteten Gegenstöße macht. Denn der Rechtsaußen ist dank seiner Schnelligkeit und Sprungkraft, aber auch seiner Emotionalität stets ein Garant für spektakuläre Offensivaktionen. „Die Athletik hat mir mein Vater so ein bisschen in die Wiege gelegt. Er war auch immer relativ drahtig, schnell und konnte relativ weit springen.“ Er selbst hatte sich in der Jugend neben Handball auch als Fußballer und Leichtathlet ausprobiert. „Ich glaube, ich bin die 100 Meter bei den Bundesjugendspielen irgendwann mal unter 11 Sekunden gelaufen und würde sagen, an einem guten Tag schaffe ich das vielleicht heute auch noch. Beim Weitsprung habe ich es nie ganz geschafft über die 6 – Meter – Marke, aber ich hab immer wieder mal dran gekratzt.“ Trotz dieser durchaus imponierenden Werte entschied sich der Linkshänder dann glücklicherweise doch für den Handballsport und landete als C – Jugendlicher schließlich beim traditionsreichen TV Hüttenberg, wo einst auch schon sein Vater und sein Onkel aktiv waren.

Mit Hüttenberg und Balingen bereits Erstliga – Erfahrung gesammelt

Dort spielte er zunächst fünf Jahre lang in der Jugend des Vereins. „Ich bin ein bisschen ein Spätstarter gewesen, war eher so ein Mitschwimmer, wenn man das so bezeichnen darf. Ich hatte meine Leistungsexplosion dann erst im letzten A – Jugend – Jahr, wo es dann noch mal einen Schritt nach oben ging, wo ich auch nochmal fünf bis sechs Zentimeter gewachsen bin.“ Jan Gorr holte den damals erst 18jährigen 2006 in das Zweitligateam des TVH, wo beide fünf Jahre später erstmals einen Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern konnten. Auch eine Etage höher sorgte der heute 30jährige weiter für Furore und wechselte nach dem sofortigen Wiederabstieg des TVH für zwei Jahre zum HBW Balingen – Weilstetten. 2014 führte ihn der Weg schließlich zum HSC Coburg. Maßgeblich für diese Entscheidung war damals die Möglichkeit, parallel zur sportlichen auch die berufliche Karriere voranzutreiben. „Es hat sich definitiv genauso entwickelt, wie wir uns das am Anfang der Zusammenarbeit auch vorgestellt haben. Nach dreieinhalb Jahren und 7 Semestern habe ich diesen Sommer mein Studium abgeschlossen habe und darf mich nun Bachelor der Sport und Fitnessökonomie nennen.“ Aber es gibt längst noch einen weiteren, mindestens ebenso wichtigen Grund dafür, dass „Flo“ den Wechsel nach Coburg nicht bereut und seinen Vertrag beim HSC zunächst bis 2021 verlängert hat. „Wenn man sich solange an einen Verein oder eine Stadt bindet, dann hat das ja nicht nur was damit zu tun, dass sportlich alles passt. Für mich ist das so eine Sache, ich muss mich auch privat wohlfühlen.“ Und er wird nicht müde zu betonen, dass er in der Vestestadt längst eine zweite Heimat gefunden hat. „Ich habe mich vom ersten Tag an sehr wohl gefühlt und das hat sich in den fünf Jahren weiter gefestigt und bestätigt. Meiner Verlobten geht es da genauso und der aktuelle Plan sieht nicht vor, Coburg überhaupt noch einmal zu verlassen.“ Zumal es hier auch sportlich für ihn überaus gut läuft. So konnte er 2016 auch mit dem HSC 2000 Coburg den Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern.

Nationalmannschaftsdebüt mit 28

Seine konstant guten Leistungen auch in der höchsten deutschen Spielklasse sollten ihm dann sogar noch ein ganz besonderes Highlight in seiner Karriere bescheren: Im bereits reifen Handballalter von 28 Jahren durfte der Rechtsaußen 2017 sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft geben – als erster Spieler in der Vereinsgeschichte des HSC überhaupt. Noch heute sind die Erinnerungen an diese Tage bei ihm allgegenwärtig: „Es war einfach eine aufregende Zeit. Es fing mit der Nominierung an, die mir Jan Gorr vor unserem Training mitgeteilt hat, und endete mit der Abreise aus Hamburg. Im Endeffekt gingen der Lehrgang und die Trainingseinheiten sowie die Spiele viel zu schnell vorbei. Ich habe jedes Training und jede Sekunde genossen und versucht, so viele Eindrücke und Erfahrungen wie möglich einzusammeln und mitzunehmen. Alles in allem ist diese Erfahrung einfach eine prägende und man hat irgendwie das Gefühl, dass sich das ganze Training seit dem Kindes- bzw. Jugendalter gelohnt hat. Im Moment, wo man für sein Land spielen darf und die Hymne das erste Mal hört, fühlt man sich irgendwie so, als ob man es endlich geschafft hat. Ein Traum, der in Erfüllung geht, der einem Großteil der Sportler verwehrt bleibt. Ehrlich gesagt war ich emotional komplett überwältigt und werde diese Tage niemals vergessen.“ Natürlich verfolgt „Flo“ nach wie vor die Auftritte der DHB – Auswahl und traut dem Team von Trainer Christian Prokop bei der Heim – WM im Januar 2019 durchaus einiges zu: „Ich finde, dass die Nationalmannschaft ein bisschen einer Wundertüte gleicht. Sie können in meinen Augen jede Mannschaft schlagen. Der Ausfall von Julius Kühn tut natürlich weh. Ich glaube trotzdem, dass die Mannschaft ein gutes Turnier spielen wird und der Heimvorteil sein Übriges tut. Von daher ist mein Tipp das Halbfinale mit offenem Ausgang.“ Aber natürlich liegt für ihn und seine Teamkollegen der Fokus ganz klar auf den eigenen Zweitliga – Auftritten. Und da lässt sich der Coburger Torjäger vom guten Saisonauftakt nicht blenden: „Wir haben bereits gezeigt, was wir leisten können und das hängt natürlich damit zusammen, dass wir Jungs bekommen haben, die sowohl handballerisch als auch menschlich super passen. Wir haben in der Vorbereitung viel und gut gearbeitet und haben es geschafft, wieder schnelleren und leidenschaftlicheren Handball zu spielen. Wir sind nicht mehr so leicht auszurechnen und haben vor allem im Angriff mehr Möglichkeiten, den Gegner vor Probleme zu stellen. Wir sind natürlich froh über den Saisonstart, wissen aber auch, wie schwer diese Liga ist und wieviele Spiele noch zu spielen sind – die nächsten Wochen kommen schwere Spiele auf uns zu, die es zu meistern gilt. Sportlich gesehen finde ich es wichtig, dass wir in Coburg wieder einen attraktiven und begeisternden Handball spielen. Wir wollen, dass unsere Zuschauer gerne in die Halle kommen und wissen, dass 15 Mann auf der Platte stehen, die alles dafür tun, das Spiel zu gewinnen und stolz darauf sind, das HSC – Trikot zu tragen und den Verein und die Region zu präsentieren.“ Und der Torjäger kann sich sehr gut vorstellen, auch nach dem Ende seines aktuellen Vertrages weiter für den HSC aufzulaufen. „Ich bin 2021 dann 32 Jahre alt, was für einen Außen ein absolut gutes Alter ist – ich habe Stand heute nicht die Absicht, meine Karriere da zu beenden, sondern möchte noch mehrere Jahre auf hohem Niveau Handball spielen. Bis dahin ist es allerdings noch eine lange Zeit und das Wichtigste ist, dass man gesund bleibt. Sollte das der Fall sein und das Interesse von beiden Seiten für eine weitere Zusammenarbeit bestehen, bin ich mir sicher, dass der Verein und ich zu gegebener Zeit gute und offene Gespräche darüber führen werden.“ Und spätestens dann rücken für „Flo“, der es bislang bereits auf über 900 Tore gebracht hat, auch die 1331 Treffer in den Fokus, mit denen Ronny Göhl im Moment noch die Ewige Torschützenliste des HSC anführt. Da kann es doch für den Rechtsaußen nur ein Ziel geben? „Richtig, Ziel ist es dann, bei 1330 Toren aufzuhören, falls ich es überhaupt bis dahin schaffen sollte, damit Ronny auch weiterhin mit mir redet, wenn wir uns in der Halle oder privat über den Weg laufen. Unabhängig davon wird es in Coburg nie mehr jemanden wie Ronny geben und das ist auch gut so. Seine Verdienste für den Verein sollte und wird man nie vergessen.“

Bericht von Gerd Nußpickel

Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)