„Ich bin hungrig, noch weiter nach vorne zu kommen.“    

Lukas Wucherpfennig spielt bereits seine vierte Saison für den HSC 2000 Coburg. Von seinem Heimatverein SV Mönkeberg war er 2008 in die Jugendabteilung des THW Kiel gewechselt, wo er sich dann später zu einem Leistungsträger im Drittligateam des Vereins mauserte und auch zu ersten Einsätzen in der 1. Bundesliga kam.   

Tatsächlich sind es erst drei Jahre. Aber irgendwie hat selbst er bisweilen das Gefühl, schon viel länger in Coburg zu sein. „Ich bin tatsächlich schon eine gewisse Zeit hier, was mir allerdings gar nicht so lange vorkommt. Ich fühle mich wohl hier. Coburg ist eine schöne kleine Stadt, in der jedoch eigentlich alles Nötige zu finden ist. Mir gefällt die Landschaft hier besonders gut.“ Nur manchmal packt Lukas noch die Sehnsucht nach heimischen Gefilden. „Das einzige, was ich vermisse, ist natürlich die Ostsee, also die Möglichkeit mal schnell an den Strand zu gehen. Das ist halt doch etwas ganz Anderes und man lernt erst jetzt richtig zu schätzen, was man damit hatte.“

„Coburg war der richtige Schritt“

Angesichts der Tatsache, dass der Linkshänder in Preetz, einer Kleinstadt rund 20 km südöstlich von Kiel geboren wurde, könnte man meinen, dass die Entscheidung für den Handball quasi auf der Hand lag. Doch ganz so selbstverständlich war das für Lukas Wucherpfennig damals nicht: „Ich hab viel ausprobiert über Fußball, Schwimmen, Leichtathletik, bis ich dann irgendwann zum Handball gekommen bin über Klassenkameraden, unter anderem auch den Bruder von Rune Dahmke.“  Die Leidenschaft für diesen Sport wuchs mit den Jahren immer mehr und so entschied sich Lukas schließlich, zusammen mit einigen anderen Teamkollegen vom SV Mönkeberg in die Nachwuchsabteilung des THW zu wechseln. Über die B – und die A – Jugend der Kieler führte der Weg des sprunggewaltigen Rechtsaußen dann zunächst in die Drittliga – Mannschaft des THW. Bei gemeinsamen Übungseinheiten und Trainingslagern mit den Bundesliga – Profis rückte Lukas Wucherpfennig dann auch in den erweiterten Fokus von Alfreð Gíslason. Am 14. September 2014 war es schließlich soweit: Im Heimspiel gegen die MT Melsungen gab der Youngster sein Debüt in der 1. Bundesliga, das er mit zwei Toren krönte. Doch trotz dieses Erlebnisses blieb Lukas Realist: „Für einen Jugendspieler ist klar: Jeder würde gerne mal das Kieler Trikot tragen. Aber von der Jugend direkt den Sprung  in die 1. Mannschaft in Kiel zu schaffen, ist sehr schwer und kaum zu schaffen.“ Zusammen mit seinem Spielerberater sondierte er den Markt und favorisierte einen Wechsel in die 2. Bundesliga. Nach Probetraining und erfolgreichen Gesprächen fiel die Wahl schließlich auf den HSC 2000 Coburg. „Ich denke, es war auf jeden Fall der richtige Schritt, mal den Weg raus aus Kiel zu machen, weg aus der Heimat und in ein neues Umfeld zu kommen. Coburg war damals schon ein sehr ambitionierter Verein und eine richtig gute Adresse und ich bin echt froh, hier gelandet zu sein.“  Dass er natürlich auch heute noch den Weg seines Ex – Verei

ns verfolgt, der sich bekanntlich mitten in einem personellen Umbruch befindet, versteht sich von selbst: „Logischerweise verfolge ich genau, was in Kiel passiert und bekomme auch durch alte Kollegen ein paar Dinge mit. Auch wenn der THW sich verändert hat, sollte man ihn trotzdem immer auf der Rechnung haben. In der Mannschaft steckt nach wie vor enormes Potential, welches nun zu 100 Prozent abgerufen werden muss. Alfred ist ein überragender Trainer und Mensch, daher denke ich, dass er gerade in seiner letzten Saison beim THW Kiel noch einiges aus der Mannschaft rauskitzeln möchte.“

Konkurrenzsituation als Ansporn

Aber selbstverständlich gilt das Hauptaugenmerk des inzwischen 23jährigen seinen eigenen sportlichen Ambitionen. Nunmehr kann er sich auch wieder verstärkt auf seine Handball – Karriere konzentrieren, nachdem er im Sommer eine Ausbildung zum Industriekaufmann erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Doppelbelastung, die Lukas Wucherpfennig ganz bewusst auf sich genommen hat: „Es war schon eine anstrengende Zeit, diese beiden Dinge unter einen Hut zu bekommen. Viel Zeit für Anderes blieb da eigentlich nicht. Mein Tag bestand aus Arbeit und Training. Allerdings war mir bewusst, dass der Sport nicht für immer auf hohem Niveau zu betreiben ist, daher wollte ich frühzeitig einen „Plan B“ haben, auf den ich nach dem Sport oder im Falle einer schwerwiegenden Verletzung zurückgreifen kann.“  Es sagt viel aus über seine Einstellung, wenn ihm trotz dieser Doppelbelastung von allen Seiten auch sportlich eine Weiterentwicklung bescheinigt wird. „Lukas hat bei uns als ganz junger Spieler seine ersten Schritte auf Zweitliganiveau gemacht und sich seither auch toll entwickelt. Lukas ist blitzschnell und verfügt über ein variables Wurfrepertoire“, lobt ihn beispielweise Trainer Jan Gorr. Aber auch der Spieler selbst sieht sich auf einem guten Weg: „Wenn ich mein Niveau von damals vergleiche mit dem, wie es heute ist, dann denke ich, dass die Entwicklung ordentlich war. Doch nun ist es wichtig, Spielanteile zu erarbeiten. Das sind Bausteine in der Entwicklung, die man sich nicht über Trainingseinheiten holen kann.“ Allerdings konkurriert Lukas Wucherpfennig im Rennen um Spielanteile mit keinen Geringeren als Florian Billek. Dieser hat es ja inzwischen sogar zu zwei Einsätzen in der deutschen Nationalmannschaft gebracht und führt aktuell die Torschützenliste der 2. Bundesliga an. Für Lukas Wucherpfennig ist diese Konstellation dennoch eher Ansporn als Hemmnis: „Klar ist es zwischen Flo und mir eine besondere Situation. Jeder kämpft um seinen Platz auf dem Feld. Da dies aber uns beiden bewusst ist, kön

nen wir normal miteinander umgehen und verstehen uns auch sehr gut. Die ersten Spiele dieser Saison haben gezeigt, wie gut er seinen Job macht. Ich denke, ich bin allerdings auch nicht grundlos hier und möchte dem Verein und dem Team etwas zurückgeben. Für mich gilt es also, mich noch mehr ins Zeug zu legen und mir die Spielanteile zu erarbeiten. Wie gesagt: Ich bin hungrig, noch weiter nach vorne zu kommen.“ Und auch der HSC – Coach sieht diese Konstellation positiv: „Lukas hat auf seiner Position mit Florian Billek natürlich einen sehr erfahrenen Team-Kollegen, so dass der Wettbewerb untereinander um Spielanteile auch ein kontinuierlicher Anreiz für Verbesserung ist. Insgesamt hat unsere Mannschaft mit beiden Spielern sicher eines der besten Rechtsaußen – Duos in der 2. Liga.“ Und wo sieht sich der bekennende Musik – Fan selbst in fünf Jahren? „Mein Plan ist es logischerweise, in der 1. Liga Fuß zu fassen und ich denke auch, dass ich das schaffen kann. Dass das kein Selbstläufer ist, ist auch klar. Daher arbeite ich hart dafür und dieses Ziel treibt mich an. Andernfalls hätte ich solche Schritte wie aus der Heimat weggehen nicht gemacht.“ Auch dem HSC 2000 Coburg traut der Linkshänder die Rückkehr in die 1. Bundesliga durchaus zu: „Die letzten Jahre haben gezeigt, was der Verein für eine Entwicklung hingelegt hat. Nun werden diese Strukturen gefestigt und mit Sicherheit treibt das Ziel 1. Liga auch die Verantwortlichen an.“

Bericht von Gerd Nußpickel
Bilder von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)