HC Rhein Vikings

Bundesliga-Handball in Düsseldorf – das passt scheinbar auf Dauer wirklich nicht zusammen. Diesbezügliche Versuche hatte es in der Vergangenheit mehrfach gegeben und einige schienen durchaus erfolgsversprechend. So gewann die TuRU Düsseldorf im Jahre 1989 sogar den IHF-Pokal. Allerdings ist die Historie des Bundesliga-Handballs in Düsseldorf vor allem eine Geschichte von Fusionen und häufig wechselnden Namen, bei der auch der geneigte Interessent schon mal schnell den Überblick verlieren konnte. Mit dem Abstieg aus der 2. Liga und der gleichzeitigen Auflösung der HSG Düsseldorf fand die Bundesliga-Historie des Handballsports in der Rhein-Metropole nach der Saison 2011/12 dann auch erstmal ihr vorläufiges Ende. Zu jener Zeit war der benachbarte Neusser HV noch in der Oberliga Niederrhein beheimatet, machte sich jedoch schon wenig später auf den Weg in höhere Gefilde. 2013 gelang der Aufstieg in die 3. Liga; nach einer fast makellosen Saison (am Ende standen imponierende 59:1 Punkte zu Buche) war der NHV 2017 dann schließlich in der 2. Bundesliga angekommen. Nach dem Aufstieg unternahm das Neusser Management große Anstrengungen, um die Voraussetzungen für den angestrebten Klassenerhalt in Liga 2 zu schaffen. So wurde der Kader mit fünf Bundesliga-erfahrenen Akteuren signifikant verstärkt. Zudem hatten sich die Herrenmannschaften des Neusser HV und die Handballabteilung des ART Düsseldorf mit Wirkung vom 1. Juli 2017 zur HSG Neuss/Düsseldorf zusammengeschlossen (das Zweitligateam firmiert seither unter dem Namen HC Rhein Vikings). Zwar sprachen bereits damals die wenigsten von einer „Liebeshochzeit“, doch nicht nur für den damaligen Manager Rene Witte gab es durchaus nachvollziehbare Gründe für die Fusion: „Wir hatten das Spitzenteam und keine Halle, Düsseldorf eine sehr gute Jugendarbeit und Hallen. Der Zusammenschluss für eine gemeinsame Zukunft war der logische Schritt, den Handballsport nach vorne zu bringen.“ Und die Rechnung ging zunächst auf: Nach einigen Startschwierigkeiten fanden sich die Vikings immer besser in der neuen Liga zurecht und gerieten trotz zahlreicher Verletzungsprobleme im Saisonverlauf niemals ernsthaft in Abstiegsgefahr. Bereits fünf Spieltage vor Saisonende war der Klassenerhalt unter Dach und Fach; am Ende wurde es Rang 14.    

Personell gut gerüstet   

Zwar musste man vor der aktuellen Spielzeit den Abgang einiger Leistungsträger wie Abwehrchef Heider Thomas oder Spielmacher Daniel Pankofer wegstecken. Doch sah man sich bei den Vikings angesichts der teilweise namhaften Neuzugänge dennoch gut aufgestellt für eine weitere erfolgreiche „Mission Klassenerhalt“. So hatte beispielweise das bewährte Torhüter-Gespann mit dem Kroaten Vladimir Božić, der bereits in Bosnien, Deutschland, Weißrussland, Polen, Österreich und der Slowakei spielte, sowie dem Dänen Mikkel Møldrup einen nicht unwesentlichen Anteil daran, dass die Rheinländer in ihrer ersten Zweitliga-Saison immerhin die drittbeste Abwehr der Liga stellten. Wie schon im letzten Jahr ist auch in dieser Saison Alexander Oelze der Torjäger vom Dienst. Der inzwischen 35jährige hatte vor seinem Wechsel nach Neuss unter anderem fast zehn Jahre lang das Trikot des Bergischen HC getragen. Besonders stolz war man bei den Vikings auch auf die Verpflichtung von „Heimkehrer“ Philipp Pöter. Der Spielmacher war zwischen 2004 und 2009 für die HSG Düsseldorf aktiv gewesen und spielte anschließend für TUSEM Essen, den SC DHfK Leipzig und zuletzt die HSG Wetzlar. Von einem weiteren Neuzugang, dem international erfahrenen Rückraumspieler Ivan Milas, hatten sich die Rheinländer aus disziplinarischen Gründen allerdings schon nach nur acht Spielen wieder getrennt. Gut aufgestellt sah man sich im rechten Rückraum. Neben dem spielstarken Niklas Weis und dem nach seinem Kreuzbandriss inzwischen wieder auf das Parkett zurückgekehrten Brian Gipperich sicherten sich die Vikings im Sommer auch die Dienste von Srdjan Predragovic, den man vom Erstligisten Frisch Auf Göppingen ausgeliehen hatte. Top-besetzt sind die Rheinländer auf Linksaußen. Christian Hoße, der zehn Jahre lang für den Bergischen HC auflief, verfügt ebenso über Erstliga-Erfahrung wie Felix Handschke, der bei Bedarf auch auf der Spielmacher-Position agieren kann. Das Gespann auf dem rechten Flügel bilden Nils Artmann, ein weiterer Ex-BHC-Akteur, sowie Eigengewächs Moritz Görgen. Die Spielanteile am Kreis teilen sich der 2017 vom Erstligisten TVB Stuttgart gekommene Kroate Teo Čorić sowie Kapitän Bennet Johnen.

Viele Negativ-Schlagzeilen und ein Neuanfang

Nach einer ordentlichen Vorbereitung fühlten sich die Rheinländer gut gerüstet für die neue Saison. Zwar kassierte man gleich zum Auftakt eine sehr unglückliche 34:35-Niederlage in Wilhelmshaven. Doch danach trotzte man dem HSC 2000 gleich ein Remis ab und feierte zwei Wochen später den ersten Saisonsieg gegen den HSV Handball. Doch was anschließend folgte, ist ein regelrechtes Horror-Szenario mit jeder Menge Negativ-Schlagzeilen auf sportlicher, wirtschaftlicher und letztlich sogar auf politischer Ebene. Nach 15 Niederlagen in Folge und dem erst zweiten Saisonsieg am 2. Weihnachtsfeiertag gegen den Wilhelmshavener HV rangieren die Vikings aktuell mit bereits zehn Punkten Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz weit abgeschlagen am Tabellenende. Daran konnte letztlich auch der Trainerwechsel – Jörg Bohrmann hatte bereits nach sechs Spieltagen Aufstiegstrainer Ceven Klatt abgelöst – bislang nichts ändern. Dafür tauchten aber in schlechter Regelmäßigkeit immer wieder Schlagzeilen über wirtschaftliche Probleme bei den Vikings auf. Im Mittelpunkt stehen dabei immer wieder Streitigkeiten mit der Stadt Düsseldorf mit gegenseitigen, zum Teil heftigen Schuldzuweisungen sowie stetig wiederkehrende Meldungen über eine drohende Insolvenz. Fakt ist zumindest, dass die „Sportstadt Düsseldorf“ ihre finanziellen Zuwendungen an den Verein – dem Vernehmen nach sollen diese rund 70 Prozent des Etats abdecken – mit Beginn des Jahres eingestellt hat. Thomas Koblenzer, Gesellschafter und ehemaliger Geschäftsführer der Vikings, hat zudem eine Schadensersatzklage gegen die Stadt Düsseldorf eingereicht. Mit Torhüter Vladimir Bozic (nach Balingen), Linkshänder Srdjan Predragovic (zurück in die 1. Österreichische Liga zum HC Linz) und zuletzt Abwehrchef Miladin Kozlina (zum Wilhelmshavener HV) verließen in den letzten Wochen zudem auch drei sportliche Leistungsträger den Verein. Die Vikings wollen deshalb in den verbleibenden Spielen verstärkt auf die eigene Jugend setzen. „Wir haben viele gute Jugendspieler, die es jetzt auch mal verdient haben, Zweitliga-Luft zu schnuppern“, so Geschäftsführer Daniel Pankofer. „So sammeln sie bereits Erfahrungen in der 2. Liga, in den großen, gut besuchten Hallen, spielen gegen starke Gegenspieler. Nach der Saison hätten wir den Umbruch, der nun bereits beginnt, ohnehin eingeläutet.“

Bericht von Gerd Nußpickel