2. Handball-Bundesliga – Gegen das Tabellenschlusslicht HC Rhein Vikings startet der HSC 2000 Coburg am Sonntag ins Jahr 2019. Am Ende der restlichen 18 Partien dieser Saison soll der Aufstieg stehen.

Coburg – Mit einem schalen Beigeschmack ging es für den HSC 2000 Coburg vor sechs Wochen in die jetzt endende WM-Pause. Hintergrund war die bittere und höchste Saison-Niederlage beim Abstiegskandidaten HC Elbflorenz mit 27:35, mit der sie im allerletzten Spiel 2018 die Mitte September errungene Tabellenführung an HBW Balingen-Weilstetten abgeben mussten. Mit 31:9 Punkten liegen sie auf Aufstiegsplatz Zwei, zwei Zähler hinter Balingen und haben nach hinten drei Punkte „Luft“.

Mehr Minuspunkte sollten jedoch gegen vermeintliche Abstiegskandidaten nicht hinzukommen, wenn es zum Re-Start am kommenden Sonntag (Anwurf 17.00 Uhr) gegen den HC Rhein-Vikings geht, denn schon im Hinspiel reichte es für die Coburger dort beim 25:25 nur zu einer Punkteteilung. „Unser Gegner dürfte vom Personal und seiner spielerischen Qualität eigentlich nicht auf dem letzten Platz stehen“, äußert sich Coburgs Trainer Jan Gorr vor der Partie. Tut er aber und das mit zehn Punkten Rückstand auf einen rettenden Platz. Trotzdem wird es nicht einfach. Gorr macht das an zwei Dingen fest: „Uns fehlt ein harter Test auf echter Wettkampfbasis. Leider ist aus der Partie, die wir gegen Frisch Auf Göppingen geplant hatten, nichts geworden. Außerdem gibt es beim Gegner wirtschaftliche Probleme. Deren Spieler werden sich also anbieten, zeigen und Werbung für sich machen wollen. Ich erwarte eher ein umkämpftes Spiel als einen klaren Erfolg.“

Da dass es aktuell gar nicht absehbar ist, wie die Vikings in Coburg antreten, macht es die Sache interessant und auch anspruchsvoll, schlecht für den akribischen Vorbereiter Gorr. Fest steht lediglich, dass Torwart Vladimir Bosic zur HBW Balingen-Weilstetten und Srdjan Predragovic zum HC Linz abgewandert ist. Wahrscheinlich wird auch der Ex-Coburger Daniel Pankofer, eigentlich Geschäftsführer des Vereins, wieder mit auflaufen. Ein Augenmerk sollte auf jeden Fall den Rückraumspielern Oelze und Pöter gelten. Zudem rechnet Gorr „mit einer extrem offenen Abwehr, die uns auf den Zahn fühlen wird.“ Gegen die von ihm erwartetet unorthodoxe Variante wird er Lösungen finden müssen.

Die Niederlage in Dresden war natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass die Coburger über Monate mit Verletzten zu kämpfen hatten und dort nur elf Spieler auf dem Spielberichtsbogen stehen hatten. Die Situation hat sich nicht zuletzt auch durch die Neuverpflichtung des Bietigheimers Patrick Weber in der WM-Pause positiv entwickelt. „Es war eine Hauptaufgabe in den vergangenen drei Wochen Patrick in unser Spiel einzubinden und zu integrieren. Doch das ist auch eine andere Hausnummer wie die sechswöchige Vorbereitung vor der Saison.“ Gorr lässt nicht gelten, dass es ihm bravourös gelungen ist mit seinem neu zusammengestellten Team eine Traumhinrunde zu spielen. „Es wird trotzdem wieder noch einige Wochen dauern, bis die Abläufe ganz passen.“ Aber ständig nachjustieren zu müssen ist er hinlänglich gewohnt. Sebastian Weber ist aktuell krank und hat noch Trainingsrückstand, aber bis auf die langfristigen Rekonvaleszenten, Philipp Barsties und Petr Linhardt sowie den erst kurz vor Weihnachten verletzten Christoph Neuhold sind alle Spieler fit. Somit auch Florian Billek nach seiner Meniskus-OP aufgrund einer Verletzung Anfang November in Lübeck. Gemeinsam mit seinen Mannschaftskollegen will er bei derzeit drei Punkten Vorsprung auf die HSG Nordhorn-Lingen den Aufstiegsplatz in den restlichen 18 Spielen behaupten. Ex-Nationalcoach Martin Heuberger, der im Januar im Rahmen des HSC-Neujahrsempfang beim Team vorbeischaute, traut es der Mannschaft zu: „Ich habe einen tollen Eindruck von den Jungs bekommen. Wenn sie die entscheidenden zwei bis drei Prozent noch mobilisieren können, dann werden sie im Sommer bei OB Tessmer auf dem Balkon stehen.“

Die Akteure

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek, Konstantin Poltrum; Markus Hagelin, Maximilian Jaeger, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß, Anton Prakapenia, Florian Billek, Marcel Timm, Jakob Knauer, Pontus Zettermann, Tobias Varvne, Patrick Weber. Trainer: Jan Gorr. – es fehlen: Petr Linhardt, Philipp Barsties, Christoph Neuhold, Sebastian Weber.

HC Rhein Vikings: Mikkel Moldrup, Nils Conrad; Brian Gipperich, Christian Hoße, Nils Artmann, Philipp Pöter, Till Klause, Patryk Rutzki, Teo Coric, Daniel Pankofer, Felix Handschke, Thomas Bahn, Daniel Zwarg, Alexander Oelze, Moritz Gorgen. Trainer: Jörg Bohrmann

SR: Julian Fedtke / Niels Wienrich

Die Lage in der Liga

Man darf gespannt sein, wie Spitzenreiter HBW Balingen-Weilstetten den bitteren Ausfall ihres Spielmachers Martin Strobel wegsteckt. Sie gastieren beim Handball-Sportverein Hamburg, die sich als Aufsteiger schon im Hinspiel in Balingen wacker geschlagen haben und somit nicht chancenlos sind. Das würde natürlich den Coburgern in die Karten spielen, die sich aber auch Angriffen von den Verfolgern erwehren müssen. 

Das gilt insbesondere für die auf Platz drei rangierende HSG Nordhorn-Lingen, nächste Woche Gastgeber für den HSC. Zum Re-Start gastieren die Nordhorner beim TV Hüttenberg und Jan Gorr wird da schon ein bisschen auf „heimatliche“ Schützenhilfe hoffen. Auch die weiteren Verfolger gehen sich aus dem Weg. TuS Nettelstedt-Lübbecke gastiert beim Tabellen-Vorletzten Wilhelmshavener HV und der ASV Hamm Westfalen ist bei TV Großwallstadt zu Gast. Lediglich zwischen dem VfL Lübeck-Schwartau und dem TUS Ferndorf gibt es ein direktes Duell im weiteren Verfolgerfeld des Spitzenduos. Bereits heute Abend eröffnet TUSEM Essen den Re-Start mit der Partie gegen den Dessau-Roßlauer HV.

So sieht es der Gegner

Wohin geht es für die Rhein-Vikings? Die Unruhe war zu Saisonbeginn so nicht vorhersehbar, wie Daniel Pankofer, Ex-HSC-Spieler und Geschäftsführer der Vikings auf Nachfrage bestätigt. Zuletzt gab es aber nicht nur auf Grund des schlechten sportlichen Abschneidens lediglich negative Nachrichten. So war der gegen den HSC errungene Punkt nur einer von dreien, die in der Hinrunde durch das abgeschlagene Schlusslicht ergattert werden konnten (ein weiterer Sieg gegen den HSV Hamburg). Erst im letzten Spiel des Jahres 2018 kamen zwei weitere Punkte (35:34 gegen den Wilhemshavener HV) hinzu. Doch derzeit kursieren viele Gerüchte um die Vikings, die hingehen bis zu einer vorzeitigen Insolvenz und damit dem drohenden Verlust der Drittliga-Lizenz für die kommende Spielzeit. Die Aussichten auf einen Ligaverbleib sind bei 10 Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz sowieso mehr als gering. Doch der Blick der Vikings geht nach vorne. Auf die Forderung der Sportstadt Düsseldorf, das Projekt HC Rhein-Vikings zu beenden und im Bergischen HC aufzugehen, sprich als zweite Mannschaft des BHC in der dritten Liga zu starten, ließ sich der Verein nicht ein und will in der kommenden Spielzeit in seine angestammte Heimat, in die Neuser Hammfeldhalle, zurückkehren, wo vor zwei Jahren noch als Neuser HV der Aufstieg in die zweite Liga gelungen war. Dass viel Unruhe hinter den Kulissen herrscht, zeigen auch die Abgänge der Vikings in der WM-Pause. Torwart Vladimir Bosic wechselte zum HBW Balingen-Weilstetten und auch Srdjan Predragovic wird nicht mehr für die Rhein-Vikings auflaufen. Er hat sich seinem alten österreichischen Club HC Linz angeschlossen. Dort war er in der vergangenen Saison Torschützenkönig der Liga. Deswegen hat Pankofer im Dezember wieder selbst die Schuhe geschnürt. Das Tageblatt hat sich mit ihm unterhalten.

„Ich werde am Wochenende nicht selbst mitspielen, auch nicht mit nach Coburg reisen. Wir wollen uns jetzt – auch wenn es schwierig ist – auf das Sportliche konzentrieren. Die Mannschaft arbeitet gut.“ Trotzdem hat diese Entwicklung bei den Rhein Vikings niemand erwartet: „Eigentlich hatten wir einen starken Kader und es hätte sich vieles anders ergeben müssen. Aber viele Faktoren haben eben für diese Entwicklung gesorgt. Am wenigsten können die Spieler dafür. Dem Team kann man absolut keinen Vorwurf machen und die Stimmung ist trotz der Situation gut.“

Pankofer sieht zumindest ein Positives aufgrund der fast aussichtslosen Ausgangslage am Ende der Tabelle: „Wir können jetzt einen Cut machen und planen logischerweise für die 3. Liga. Denn der Abstand in dieser Liga zu einem rettenden Platz ist einfach zu weit und auch die anderen vor uns rüsten auf. Ich bin überzeugt, dass wir in der Rückrunde mehr Punkte holen und war froh über den Erfolg zum Rückrunden-Auftakt nach Weihnachten. Uns hat die Pause gutgetan, um uns neu einzustellen und zu sondieren. Jetzt starten wir den Cut, bauen viele junge Talente neben den gestandenen Spielern ins Team ein, werfen sie einfach ins Feuer, so dass sie jetzt noch Zweitligaluft schnuppern und sich entwickeln können.“ 

Der Vikings-Geschäftsführer ist auch zuversichtlich, dass das Team es nicht auslaufen lässt: „Sie sind voll motiviert und sollen wieder den Spaß am Handball bekommen. Dann muss man sehen, wie viel in der Rückrunde noch möglich ist. Dass wir die 2. Liga wahrscheinlich nicht halten können, dazu braucht man kein Hellseher zu sein. Mir hat in der Vorrunde der Handball bei uns viel zu sehr nach Arbeit ausgesehen, da wollen wir die Freude an unserem Sport wieder auf die Platte bringen.“

Was erwartet er von seinem Team in Coburg? „Eben mehr Spaß am Handball, dass wir uns nicht verstecken und attraktiv agieren. Denn Coburg ist ganz klarer Favorit.“

Notizen am Rande

Kündigung – Der HC Rhein-Vikings hatte bis Ende des vergangenen Jahres einen Kooperationsvertrag mit der „Sportstadt Düsseldorf“. Diese hat im Januar bestätigt, dass sie „ihre umfangreiche inhaltliche und wirtschaftliche Unterstützung zum Jahresbeginn weitgehend eingestellt“ hat. Stattdessen hat wurde eine Vereinbarung mit dem Bergischen HC geschlossen, der Erstliga-Topspiele in der kommenden Saison im Düsseldorfer ISS-Dom austragen wird.

Trennung – Zusammen mit Kreisläufer Teo Coric war er zu Saisonbeginn mit sieben Treffern im Hinspiel gegen Coburg der erfolgreichste Werfer. Der Rückraumlinke Ivan Milas stellte damals die HSC-Abwehr gehörig vor Probleme. Beim Rückspiel werden die Coburger andere im Blick haben. Ohne dass weitere Details genannt wurden hatten sich die Rhein Vikings bereits Anfang November von ihm wegen „disziplinarischem Fehlverhalten“ getrennt.

Nachfolger – Der VfL Lübeck-Schwartau hat einen Nachfolger für den scheidenden Trainer Torge Greve gefunden, der nach sieben Jahren im vergangenen November seine Option auf vorzeitige Kündigung gezogen hatte. Piotr Przybecki wird im Sommer Chefanweiser an der Ostsee. Der 131fache Nationalspieler und Deutsche Meister mit dem THW Kiel bleibt zudem gleichzeitig Trainer der polnischen Nationalmannschaft.

Gorr’s Hinrundenfazit

„Wenn man auf die Tabelle schaut und sieht, was alles war, fällt es überwiegend positiv aus. Wir hätten uns nach den ganzen Umstellungen im Team vor der Saison nie und nimmer träumen lassen, dass wir schon auf diesem Level zusammen agieren. Da muss ich der Mannschaft ein Riesen-Kompliment machen. Das war richtig guter Handball. Wir haben in einigen Spielen, so in Lübeck und Balingen aber auch gesehen, was uns noch fehlt um am Limit zu sein. Da wollen wir in der WM-Pause die ein oder andere Stellschraube bewegen. Was hervorragend war, ist, dass und vor allem wie wir es geschafft haben, unsere Verletzten zu kompensieren. Das hat dem Team noch das letzte bisschen Selbstbewusstsein gegeben, weil sie gesehen haben, dass wir auch im reduzierten Kreis erfolgreich Handball spielen können.“

Bericht von Ralph Bilek
Bild von Henning Rosenbusch (www.henning-rosenbusch.de)